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Sterdiamanten

Von tastifix Montag 09.12.2024, 15:32 – geändert Montag 09.12.2024, 15:58

Draussen strahlte die Sonne, pulsierte das Leben. In der in einem Park gelegenen Villa dagegen herrschte eine bedrückende Stimmung. Der Luxus, in dem sie lebte, jener außergewöhliche Wohlstand, schien der Familie Dr. Brauns kaum mehr etwas zu bedeuten.

Weshalb aber war es an dem? Die siebenjährige Annabel spielte ie in ihrer aller Leben die Hauptrolle. Sie tobte nicht herum und lud auch keine Kinder zum Spielen ein. Dagegen saß sie meist in einem Sessel und las. Die Kleine hielt ein besonderes Buch in den Händen. Ihre Finger glitten dabei langsam von Zeile zu Zeile.
„Mama,“ rief Annabel nachforschend, „Mama, bist Du da, sag doch etwas?“
Aufmerksam horchte sie auf jedes Geräusch, das ihr die Nähe der Mutter angedeutet hätte. Diesmal hatte sie Glück. Aus dem Hintergrund trat Frau Braun herzu und legte ihr die Hände auf die Schultern.
„Na, Kleines, machts Spaß?“
Doch ihre Tochter antwortete nicht darauf. Frau Braun empfand plötzlich, , dass Annabel aufgewühlt war, so ganz anders als sonst. Offensichtlich beschäftigte sie etwas sehr.
„Mama, was ist ´sehen`?“
Frau Braun zuckte zusammen. Ja, nun musste sie ihr die grausame Wahrheit eröffnen, dass ihr ein bedeutender Teil des Lebens verborgen bliebe. Alle Untersuchungen hatten das gleiche Ergebnis erbracht. Niemals würde sie wissen, welche Farbenpracht auf Erden herrscht. Nie könnte sie die Blüte einer Blume, nie das Gefieder eines Vogels bewundern und aich nicht die ungehemmte Freude gesunder Kinder im Spiel teilen. Annabel war von Geburt an blind. Den Grund dafür wusste keiner. Ein schlimmer Schicksalsschlag, der das Leben der Familie dirigierte. Seit einem Jahr besuchte sie eine Blindenschule. Blind unter Blinden. Selbstständig zu leben bliebe eine Illusion. Sie würde zeitlebens auf Hifle angewiesen sein.

„Was ist „Sehen“?“ , wiederholte die Kleine ungeduldig.
Frau Braun setzte sich zu ihr und streichelte seufzend über den blonden Haarschopf.
„Annabel, das, was Du mit den Fingern ertastest und Dir dann vorzustellen versuchst, wie es aussehen könnte. .. Dies Dir zu sagen, wäre eigentlich die Aufgabe Deiner Augen.“
Was „Augen“ sind, das wusste Annabel. Ihre Mutter hatte des Kindes Zeigefinger über dessen Gesicht geführt, hatte dabei erklärt, wie das, was Annabel erfühlte, heißt. Hatte ´Schwarz` als ´dunkel erklärt. Dies war für Annabell noch vorstellbar, doch mit den Farben  wie ´Rot` und ´Grün` konnte sie nichts verbinden.
Mit Spielfiguren hatte Fraau Braun ihr die Welt der Sehenden näher gebracht, sie die Namen des Lebens gelehrt. Annabel, ein aufgewecktes Kind, verstand recht schnell, so dass sich das innere Dunkel zumindest etwas lichtete und schemenhafte Bilder der Umwelt zuließ. Aber selbstverständlich war es kein Ersatz für das Augenlicht und tröstete nur jzrzfristig. Frau Braun wusste gar nicht mehr, wie oft schon sie Annabels Tränen getrcknet hatte. Leider stand es fest, dass ihre Tochter wohl als Außenseiterin oder gar isoliert durchs Leben gehe müsste.

Das Jahr schritt voran, nach dem Sommer folgte der Herbst mit Stürmen und prassendem Regen, darauf dann hielt der frostige Winter mit viel Schee Einzug, welcher, in der Sonne funkelnd, alles in eine Märchenlandschaft verzauberte. Auf den Eisbahnen liefen Kinder Schlittschuh, rodelten die sanften Anhöhen der Wiesen hinunter und kreischten dabei vor Vergnügen. Annabels Eltern hatten ihnen den Park geöffnet, damit ihre Tochter wenigstens dem lustigen Treiben zuhören konnte.
„Ach Mama!“; murmelte Annabel traurig, „Zu Weihnachten hab ich nur einen Wunsch ..."
Als Frau Braun dies hörte, kämpfte sie mit den Tränen.
´Mein Armes! Du wirst nie sehen, wie schön das Leben ist!`
Nur eine Mutter vermag es, was sie sich dann abverlangte, nämlich ihre Stimme dennoch möglichst froh klingen zu alssen, um Annabel aus der tiefen Traurigkeit heraus zu helfen. ihr etwas Optimismus zu suggerieren, der für ihr Leben dringend nötig sein würde.
„Kleines! Wenn Du Dir es jetzt vor Weihnachten gan zfest wünscht ...Vielleicht ..."
„Ja, Mama? Das mache ich!!"

Zwei wochen später stand das Christfest vor der Tür. Überall trugen Menschen Tannenbäume in ihr Heim. Über den Straßen hingen Figuren aus bunten Birnen, Sterne, Monde,Tiere. Dazwischen waren Tannenzweige eingebunden. Auf den Fensterbänken glitzerten Adventsschmuck und euchteten Kerzen. Eine feierliche Stimmung lag über der Stadt, den Feldern und den Wäldern ringsum.

Es war der Vorabend des 24.Dezembers. Wieder saß Annabel in ihrem Sessel. Aber sie las nicht, sodern hatte die Hände im Schoß gefaltet und betete:
„Lieber Gott, mach, dass ich nicht länger blind bin. Du uns Kinder lieb. Bitte, bitte, hilf mir!"
Aus den toten Augen tropfte eine Träne auf die gefalteten Hände. Plötzlich war es Annabel eigenartig zumut. Sie hatte das Gefühl, nicht mehr allein im Zimmer zu sein.
„Mama??“, fragte sie.
Niemand antwortete.
Verunsichert stand Annabel aauf. Mit laut klopfendem Herzen tastete sich an der Sessellehne entlang durch den Raum. Nach wengien Schritten jedoch entrang sich ihr ein Aufschrei wie noch nie in ihrem Leben zvor. Einen Moment lag drohte sie zu wanken. Angst kroch in ihr hoch. Nein, sowas gab es nicht! Wie gelähmt verharrte sie und presste die Augen fest zu:
´Villeicht ists ja dann gleich wieder weg!`

Alarmiert hastete Frau Braun zum Kinderzimmer. Sie befürchtete, dass Annabel unglücklich gefallen war. Doch an der Tür blieb sie stehen, keines weiteren Schrittes mehr fähig. Der Raum erleuchtete gleißende Helligekit, überirdisch reine Musik verdrängte die Stille der Verstörtheit, nahm Mutter und Tochter die Panik, wandelte sie in fassungssloses Staunen und öffnete ihre Herzen. Vor ihnen stand ein Kind in weißem Gewande. Über dem goldlockigem Köpfchen schwebte ein silberner Stern. Ein Sternenkind war es, das dann mit glockenheller sanfter Stimme Annabel ansprach:
„Hab keine Angst! Ich bringe Dir die schönste Nachricht Deines Lebens. Ab heute wirst Du nicht mehr im Dunkeln leben müssen! Sei glücklich, Annabel! Gott segnet Dich und Deine Eltern, die Dich bislang so sehr behüteten!“
Und das Sternenkind hatte Annabel noch ein zusätzliches Geschenk zum Beginn des neuen, bunten Lebens zugedacht. Es nahm den sibernen Stern, hielt ihn kurz in den Händen und berührte ihn dann mit einem zärltlichen Kuss. Im selben Moment stand Annabel in ein goldenes Licht gehüllt, über ihrem Kopf schwebte der silberne Stern. Dann aber geschah es: Das Himmelsgebilde verwandelte sich in ein Meer winziger Schneeflocken, die leise, gleich kostbaren Diamanten funkelnd, auf ihr lockiges Haar nieder rieselten.

Ein Schrei unbändigen Jubels schaallte durchs Haus.
„Mama! Es ist nicht mehr dunkel. Ich sehe mein Zimmer und die Bäume draußen und den Schnee!”
Leiser fügte Annabel hinzu:
„Mama, und ich sehe Dich!! Mama, ich bin gesund!!!“
Zögerlich griff sie nach einem der winzigen Schneeflocken in ihrem Haar und beobachtete verzückt, wie diese allmählich in ihrer warmen Kinderhand schmolz. Die Entrückung, die noch Mutter und Tochter verzauberte, wich der überwältigenden Erkenntnis dessen, welch ein großes Wunder ihnen beschert worden war. Beiden flossen Tränen des Glücks über die Wangen. Frau Braum und Annabel sanken auf die Knie, wollten dem Sternenkind Dank sagen. Aber es war schon verschwunden, sie wieder allein.

Die Himmelsmusik war verklungen, das überirdische Licht verblasst. Doch in ihrem Herzen strahlte es weiter, ein ganzes Leben lang.

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