Ein fliegendes Fitnessstudio
Von
tastifix
Montag 09.06.2025, 05:19
Du möchtest die Antworten lesen und mitdiskutieren? Tritt erst der Gruppe bei. Gruppe beitreten
Von
tastifix
Montag 09.06.2025, 05:19
Du möchtest die Antworten lesen und mitdiskutieren? Tritt erst der Gruppe bei. Gruppe beitreten
FMein Flug nach Mallorca würde in einer Stunde starten. Gut gelaunt checkte ich ein, denn mich erwarteten drei Wochen Faulenzen pur.
„Mal überhaupt keinen Stress!“
In der Maschine nahm mich eine übers ganze Gesicht strahlende Stewardess in Empfang:
„Hallo und einen angenehmen Flug!“
Ich stutzte. Irgendwie war deren Lächeln fast zu charmant.
´Oder bilde ich mir das nur ein?`
Einige Passagiere hatten es scheinbar besonders gut getroffen, denn auf deren Sesseln hockten so überaus hilfsbereite Mitmenschen und unterzogen jene einem strengen Sitzkomforttest, was von den rechtmäßigen Mietern aber mit ziemlich saurer Miene quittiert wurde. Nach Platznummernvergleich verdrückten sich jene wahrlich hilfsbereiten Gemüter hastig, stapften suchend durch den Mittelgang und ließen sich dann auf einem anderen, hoffentlich eigenen, Sessel nieder.
Sehr bald waren alle Plätze besetzt. Trotzdem versiegte der Strom der Fluggäste keinesfalls.
„Irgendetwas stimmt hier nicht! – Stewardess?“
„Ja, bitte, wie kann ich Ihnen helfen?“
„All die Leute ... Wo sollen die denn noch sitzen?“
„Sitzen?“, fragte die junge Dame fröhlich zurück.
„Wiiee??“
„Sie haben Stehplätze gebucht!“
Ich glaubte, mich verhört zu haben.
´Reisekoller! Du hast nen Reisekoller!`,verkniff ich mir jede weitere Bemerkung dazu.
Inzwischen herrschte im Mittelgang ein Gedränge wie in einer Sardinenbüchse:
„Ob das die Stehplätze sind? Hm!“
„Meine Damen und Herren,willkommen an Bord. Bitte schnallen Sie sich an. Wir starten in wenigen Minuten.“
Ich heftete meinen Blick auf die Umstehenden:
„Wie sollen die sich denn ... ?“
Mir fielen an den Seiten der Sessel so eigenartige Eisenringe auf, durch die lange Leinen gezogen waren. Die Stewardess kämpfte sich von Passagier zu Passagier durch, wand ihnen die Leine um den Bauch und fesselte sie mit deren Ende an den Eisenring. So hübsch nebeneinander aufgereiht wie die Hühner auf der Stange verharrten die Armen fast reglos auf ihrem Fleck. Damit sie es dennoch gemütlich hätten, schob ihnen die Stewardess ein Sofakissen in den Rücken. Obendrauf kam noch eine Nackenrolle zu liegen, für den Fall, dass sich einer der Passagiere zu einem Nickerchen entschließen würde.
„Schlafen kann man bekanntlich auch im Stehen!“, erinnerte ich mich daran, dass ich früher mal nach einem anstrengenden Arbeitstag im Supermarkt mit der Hand am Einkaufswagen ieingedöst war, weil die Kassiererin, gleichfalls völlig erschöpft, ihre Arbeit nur noch im Scneckentempo, also gewissermaßen im Halbschlaf erledigte.
Als die Maschine denn startete. beobachtete ich die aufgereihten Hühner:
´Donnerwetter! Echt sportlich!`
Brav, ohne umzukippen, standen sie sich heldenhaft die Beine in den Bauch und lobten sich deswegen gegenseitig. Gemeinsames Leid verstärkt ja die Sensibilität füreinander.
„Dauert ja nur eine gute Stunde!“, tröstete ein Kavalier die neben ihm stehende Dame, die daraufhin noch gequälter lächelte als ohnehin schon.
Die Minuten vergingen. Das gequälte Lächeln der Dame lächelte nicht mehr. Im Gegenteil schien dieses weibliche Wesen einer Ohnmacht nahe zu sein. Bleich geworden röchelte es vor sich hin.
„Stewardess, schnell!“, rief daraufhin der besagte Kavalier.
Bewaffnet mit einem Becher Cola mit Strohhalm eilte diese herbei, drückte der Dame den Becher in die Hand und den Strohhalm zwischen die Lippen:
„Trinken Sie!“
Die Hälfte des köstlichen Nasses tropfte daneben und auf die schicke Bluse der Dame:
´Vielleicht braucht die ja auch ein Aufputschmittel!`
Die Umnachtungskandidatin entkam knapp der Gefahr des unfreiwilligen Schlafes, war fix schon erheblich weniger blass und fand auch die Sprache wieder:
„Solch eine Frechheit ist mir noch nie geboten worden! Unerhört!“
Während der restlichen Flugzeit schleppte die Stewardess pauseenlos Becher plus Strohhalme hin und her und stopfte mit den letzteren beleidigten oder auch wie in Trance schwankenden Passagieren den Mund. So blieben ihr heftige Vorwürfe erspart. Trotz der Hilfsaktionen bildete sich eine Beine-einknick-Formation. Offensichtlich hatte die Fluggesellschaft die Standfestigkeit ihrer zahlreichen Kundenkönige total überschätzt. Selten nur hatte ich einander fremde Menschen so innig vereint gesehen. Nach Halt suchend umklammerten sie die Hand des Nächststehenden, völlig groggy deen Kopf an seine Schulter gelehnt.
Nach dringend angeratener eingehenderBeratung entshclossen sich der Pilot und diee Mannschaft zu einer recht ungewöhnlichen, aber leider genauso unumgänglichen Rettungsaktion für all jene bemitleidenswerten Geschöpfe, denn;
„Sonst kriegen wir die hier nie wieder raus!“
Zum Glück warn die Betroffenen ohnehin nicht mehr ganz von dieser Welt und würden die degradierende Aktion gar nicht registrieren. Kurz entschlossen stapelten sie die Jammerlappen oben auf die Kofferberge, mit denen gemeinsam sie dann die Reise zu Laufbändern an der Gepäckausgabe antraten. Vorsichtig legte man sie auf diese nieder. Damit aber endete die liebevolle Rücksichtnahme auf die ehemaligen Fluggäste. Zu Beginn der Rundfahrt an den auf ihre Koffer wartenden Leuten vorbei schnappten sich die Flugplatzangestellten, die das Gepäck aufs Laufband beförderten, Eimer mit eiskaltem Wasser und spendierten den lebenden Flugleichen eine denn extrem schockierende Dusche. Vor Schrecken quietschten sie auf wie abgestochene Schweine und wurden urplötzlich wieder dermaßén mutner, dass sie in ungeahnter Sportlichkeit vom Laufband herunter und zurück in die Senkrechte sprangen.
In den Minuten darauf war vom Flugplatzpersonal weit und breit nichts zu sehen ...