Bodyguard(In)
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Feierabend-Mitglied
Donnerstag 28.08.2025, 17:27
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Sie fährt zum Dienst, zum nächsten Auftrag.
Ihr Job, Bodyguard.
Heute fährt sie einen hochrangigen Politiker.
Nicht einen von den jungen, unhöflichen, die schon mal einen Apfelgriebsch in die Polster des Dienstwagens versenken - nein, ein älteres Semester. Sie kennt ihn natürlich aus Presse und Fernsehen, hat aber noch nie mit ihm zusammen gearbeitet.
Die Veranstaltung ist noch nicht ganz zu Ende.
Sie geht in den Aufenthaltsraum der Fahrer und Personenschützer.
Einige kennen sie, nicken grüßend. Die anderen schauen zweimal hin - auf die große, schlanke Frau.
Sie muss lächeln - tja, Jungs - Gleichberechtigung!
Sie rückt ihr Holster zurecht und nimmt sich einen Kaffee.
Schon hört sie den Applaus, die Veranstaltung ist zu Ende.
Sie sitzt hinter dem Lenkrad, er wie es vorgeschrieben ist, hinten rechts.
Beim Einsteigen musste er sein Bein nachziehen, die Krücke liegt im Fußraum.
Er sieht erschöpft aus.
Ihr Ziel ist sein Hotel. Unproblematisch.
Sie konzentriert sich auf den Verkehr und die Umgebung.
Er hat eine schöne sonore Stimme, als er völlig unerwartet fragt, ob sie weiß, wo er Pfannkuchen essen könnte.
Die hat er als Kind so geliebt und schon lange nicht mehr gegessen.
Im Hotel gibt es das natürlich nicht.
Sie ist etwas aus dem Konzept, auf alles vorbereitet, darauf natürlich nicht.
Ihr fällt nichts ein, er ist ihr sympathisch und sie verstößt gegen alle Dienstvorschriften.
"Ich kann ihnen Pfannkuchen machen."
Gottseidank war das eins der wenigen Gerichte, die sie beherrschte.
Kochen war ihr schon immer ein Graus!
Er sitzt in ihrer winzigen Küche, hat sich kurz umgesehen und "gemütlich" gemurmelt.
Dabei höflicherweise den Abwasch in der Spüle übersehen.
Sie steht am Herd, brät Pfannkuchen und kommt sich vor, wie in einer Komödie.
Soetwas war ihr in ihrer ganzen Laufbahn noch nicht passiert!
Er hat alle Pfannkuchen mit ordentlich Butter und Zucker verputzt - sein Hausarzt würde bei den Cholesterinwerten die Augen verdrehen.
Jetzt sitzt er auf ihrem winzigen Balkon in der Abendsonne, sieht müde aus und trinkt noch einen Espresso.
Sie setzt sich schweigend daneben.
"Wissen sie, was ich am meisten bereue?" fragt er unvermittelt.
"Dass ich mir immer zu wenig Zeit für meine Familie genommen habe. Meine Frau ist jetzt seit drei Jahren tot, mein Sohn lebt mit seiner Familie in Kanada.
Ich fahre zu Tagungen, Kongressen in der ganzen Welt, immer Trubel. Aber unter den Menschen bin ich allein. Im Hotel sowieso. Und wenn ich nach Hause komme, ist da niemand mehr ..."
Er seufzt kurz, seine Hand mit der Espressotasse zittert.
"Entschuldigung."
Sie bleibt einfach sitzen.
Als er in der Abendsonne einnickt, legt sie ihm eine Decke über die Beine.
Sie lässt ihm noch etwas Zeit, ehe sie ihm sacht die Hand auf die Schulter legt.
"Herr Minister, wir müssen los. Mehr Zeit kann ich nicht verantworten."
Als sie ihm am Hotel aus dem Auto hilft, sagt er leise: "Das war ein sehr schöner Abend, ich danke ihnen."