Ist ja nur ...

Nach der Geburt meiner Ältesten lag ich während des glühend heißen Hochsommers in einem Zweibettzimmer direkt utner de Dach in der Klinik. Im Raum herrschten öfters 32 Grad und mehr. Es war grauenhaft. Wir ersticken fast. Zum Glück verstanden meine Mitpatientin und ich uns auf Anhieb ausgesprochen gut und mussten gegenseitig keine Heungen haben, auch mal zu jammern.

„Ist ja nicht mehr auszuhalten!", stöhnte Frau M..
„Eine Zumutung!", schimpfte ich, kletterte aus demm Bett und riss das Fenster weit auf.
„Gleich wirds hier kühler!", tröstete ich.
Zu früh gefreut, denn draußen wehte kein Lüftchen, kein Blatt rührte sich. Aufseufzend legten wir uns zum Mittagsschlaf hin. Die Ruhe währte fünf Minuten, danach wurde es dagegen ziemlich unruhig.
Ich hörte nämlich etwas, was mir gar nicht gefiel und Frau M. genauso wenig.
„Haben Sie es auch gehört?", forschte sie verunsichert.
Ja, hatte ich ja und wir waren prompt überhaupt nicht mehr träge, sondern so aufmerksam wie nie in den letzten Tagen.
„Vielleicht kommt das ja von draußen?", schlug ich hoffend vor.
Diese Hoffnung war leider fehl am Platze. Denn die Ursache für jenes Geräusch befand sich eindeutig im Zimmer.
„Eigenartig!"
Angestrengt lauschten wir. Plötzlich herrschte wieder Stille. Eine Stille, die nicht etwa beruhigte, dagegen eher noch mehr alarmierte. Irgendetwas war da, aber was und wo?
„Mir wird es zu bunt! Ich guck` nach!"

Entschlossen krabbeltee ich wieder aus dem Bett und durchfahndete den ganzen Raum. Selbst unter den beiden Betten. Nichts! Bestimmt sah ich zum Schreien komisch aus, so im Nachthemd und auf allen Vieren kriechend. Mir wars total egal, die Ungewissheit trieb mich voran.
„Hoffentlich erscheinen nicht gerade jetzt eine Schwester und gar der Chefarzt!"
Wir stellten unns jene Szene vor: Vor dessen Augen eine aufgelöste Patientin im Nachtpolter halb unterm Bett ... Wir prusteten los. Doch dann lachen wir plötzlich nicht mehr. Ein entsetzes Quieken aus dem Nebenbett ließ mich erschrocken zusammenzucken.
„Was ist ... ?", schickte ich eine Etage höher und schielte aufwärts.
Dort hockte Frau M. mit weit aufgerissenen Augen, mit der einen Hand die Bettdecke umklammernd, mit der anderen zitternd auf den Schrank deutend.
„Dahaah!!"
Ihrer Mimik nach zu urteilen, hatte sie etwas Schreckliches entdeckt und, unternahm ich nicht sofort etwas, würde sie vielleicht gar in Ohnmacht fallen. Die nur halb angelehnte Schranktür gab ihr Geheimnis preis, welches dafür sorgte, dass ich dermaßen aktiv wurde, wie ich es mir unter den bestehenden Rekonvaleszenz-Umständen nie hatte vorstellen können. Zudem quiekte nun nicht mehr allein Frau M., sondern ich genauso. Panik ergriff uns. Keiner vernünftigen Überlegung mehr fähig, kreischten wir das Krankenhaus zusammen:
„H.. Hiillfe!!"
Es brachte die ganze Station in Aufruhr. Fast gleichzeitig stürzten drei Schwestern herbei, blieben bei unserem Anblick wie angewurzelt stehen und rangen um Fassung. Vergeblich. Die eine Patientin hockte angstschlotternd auf dem Boden vor ihrem Bett, die andere ebenso furchtzitternd auf dem ihrigen.

„Haben Sie sich verletzt?", fragten sie, krampfhaft das Lachen unterdrückend. Denn offiziell zählten wir zu den Kranken, obwohl wir ja keine waren, wie wir gerade mit bewundernswerter Lebhaftigkeit mehr als eindrücklich bewiesen.
„Neeiin!", antworteten wir mit letzter Kraft wie aus einem Mund. „Aber dahaah ... "
Wir seelischen Zwillinge streckten beide gleichzeitig den anklagenden Zeigefinger gen Schrankwand und versuchten verzweifelt, das dunkle Etwas, das dort saß, per Blick zu hypnotisieren, damit es jdort verbleiben sollte, wo es war.
„Ach, wenn`s weiter nichts ist ... Ist ja bloß eine kleine Motte!!", lachte eine der Schwestern erleichtert, fing den großen braunen Uhu mit bloßen Händen und beförderte ihn mitleidig nach draußen.