Mein lieber kleiner Kater
Von
Grunewaldturm
vorgestern, 16:37
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Grunewaldturm
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Morgen wäre mein Kater 16 Jahre alt geworden, und wenn er noch lebte, würden wir angemessen seinen Geburtstag feiern. Leider ist er vor sechs Jahren an einem irreparablen Gehirntumor gestorben. Aus diesem Grund schreibe ich diesen Beitrag in Erinnerung an die zehn Jahre, die ich mit ihm hatte, und werde morgen mit einem kleinen Whisky seiner gedenken.
Immer wieder werden wir in unserem Leben mit Situationen konfrontiert, die uns fremd sind, oder mit Menschen, in diesem Fall mit einem kleinen Kater, die andere Vorstellungen haben und ihr Leben nach anderen Maßstäben und Ideen gestalten.
Mein Kater ist auf die Welt gekommen und es war ihm verwehrt, in den ersten Lebenswochen ein menschliches Wesen zu Gesicht zu bekommen. Also war er auf unsere Spezies nicht programmiert und voller Angst vor diesem unbekannten Lebewesen. Ich kann wohl mit Fug und Recht sagen, dass die ersten zwei Jahre unseres gemeinsamen Daseins mit Stress nur unzureichend beschrieben sind.
Dennoch habe ich durchgehalten und wurde dadurch mit acht Jahren, die von großer Harmonie und Vertrauen gekennzeichnet waren, belohnt.
Für ein gutes Zusammenleben sollten wir uns öffnen, auf andere zugehen und Toleranz üben. Das ist mir im Falle meines Stubentigers nicht immer leichtgefallen, aber Toleranz ist nun mal ein grundlegender Faktor für menschliches Interagieren. Dadurch war es mir tatsächlich möglich, das Vertrauen meines Hausgenossen zu mir aufzubauen.
So konnten wir acht Jahre lang glücklich und friedlich zusammenleben, und dabei war es mir sogar möglich, ihm Dinge beizubringen, die ich bei einem Kater niemals für möglich gehalten hätte. So hatte er, um nur ein Beispiel zu nennen, große Freude daran, zu apportieren, d. h., hinter seinem Bällchen herzujagen und es mir wieder vor die Füße zu legen, damit er es von Neuem fangen konnte. Irgendwann war sein Vertrauen zu mir so groß, dass er, wenn er in meinem Arm lag und schlief, nicht mal wach wurde und ich über ihn herübersteigen musste, wenn ich aufstehen wollte. Zwei Jahre konsequentes Durchhalten haben mir acht Jahre größter Harmonie im Zusammenleben mit ihm gebracht. Darauf bin ich noch heute stolz.
Das Leben von uns Menschen ist ja bekanntlich ständigen Veränderungen unterworfen. Veränderungen, denen wir uns stellen müssen, wenn es für uns wirklich weitergehen soll. Und das ist gut so. Keine Veränderungen würden Stillstand und Tod der eigenen Entwicklung bedeuten. Wenn ich aus meiner heutigen Sicht mein Leben in Dekaden einteile und mir die Frage stelle, was positiv und was negativ war, komme ich zu dem Schluss, dass ich, obwohl mein Leben gefühlt meist negativ verlaufen ist im Grunde genommen keinen Grund habe zu klagen. Ich hatte mehr als 50 Jahre einen Freund, auf den ich mich felsenfest verlassen konnte, jeweils zehn Jahre ein harmonisches Verhältnis zu einem tierischen Begleiter und ebenfalls zehn Jahre eine glückliche Beziehung zu einer bezaubernden lieben Frau.
Wenn ich mir selbstkritisch die Fakten meines Lebens ansehe, muss ich feststellen, dass es sicherlich nur wenige Menschen gibt, die Gleiches von sich sagen können …