Oh je, oh je, wo ist mein Schluüssel - Teil II
Von optik Donnerstag 30.01.2025, 13:33
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Ich neige zu großen Taschen und ertappe mich dabei, dass ich oft auf einen zusätzlich mitgeführten Jutebeutel ausweichen muss, weil das unterbringungsübliche Innenvolumen nicht ausreicht. Ich gehöre der Spezies an, die die XXL-Handtasche auch als Pausenfüller nutzt. Je nach dem, wohin ich gehe, wie lange ich dort warten muss, nehme ich ein Buch, eine Zeitschrift und nicht selten auch ein Nadelspiel und Wolle mit. Gerade in Arztpraxen ist ein kleines, handliches Strickzeug eine ideale Abwechslung. Die Hände sind aktiviert und beschäftigt, und über den Brillenrand hinweg kann man das Kommen und Gehen der Mitpatienten herrlich im Auge behalten.
Es lässt sich zuweilen auch auf die charakterlichen Eigenschaften einer Taschenträgerin schließen. So findet man bei ganz Vorsichtigen in jedem Falle einen taschen-formatigen Regenschirm, oder mindestens ein Plastikhäubchen und evtl. auch Nähzeug. Ganz Ängstliche haben sogar Waffenspray oder mindestens einige Notfallnummern und eine Mini-Reiseapotheke dabei. Für ganz pingelige Trägerinnen eignet sich auch durchaus eine klein-gehaltene Fuselbürste.
Statistiker fanden sogar heraus, dass in wenigen weiblichen Taschen sogar Kondome zu finden sind. Hierbei dürfe man aber in gar keinem Falle auf eine zwangsläufige sexuelle Bereitschaft schließen. Ausdrücklich sei festgehalten, dass es sich natürlich nur um ganz besonders hilfsbereite Damen handelte.
Was ist die Ursache? Warum glauben Frauen sich mit ihrer Handtasche für alle Lebenslagen rüsten zu müssen?
Eine Antwort findet sich in der Evolution. Zu Zeiten der Jäger und Sammler war es die Aufgabe der Frau alles zu tragen. Es begann mit den Kindern. Es waren die Früchte der Natur, die Beeren und Wurzeln, die getragen und gehortet werden mussten. Die Felle und Häute für die Bekleidung. Der Frau war die Rolle der „Tragenden“ von der Natur zugedacht, während der Mann immer seine Hände frei hatte. So konnte er jagen, er konnte so auch Angriffe abwehren.
Die Handtaschen sind also aus dem Urinstinkt abgeleitet, denn: Das Fell wurde irgendwann zu einem Lederbeutel verarbeitet. Somit unterliegt eine Handtasche dem kulturellen Fortschritt. Der Mann hat heute noch die Hände frei, während seine Frau/Freundin oft genug noch die Utensilien ihres Partners „spazieren“ trägt. Es unterlag auch dem kulturellen Fortschritt, dass sich die Frau nicht mehr verteidigen muss- Dafür hat sie jetzt ihr Pfefferspray! Dank eines mitgeführten Buches, braucht sie auch den Mann nicht mehr zur Unterhaltung. Eigentlich braucht eine Frau dank ihres Tascheninhaltes gar keinen Mann mehr.
Die Handtasche gilt nicht nur als Transportmittel. Sie ist ein MUSS! Eine Art „mobiler Nebenraum“ und ein Stück persönlicher Freiheit. Man muss auch mehrere besitzen. Für jeden Anlass eine eigene Tasche. Eine fürs Shoppen, eine für den Beruf, ebenso für die Einladung zu einem Imbiss oder für das kleine Schwarze am Abend als Accessoire. Dabei sind die Maßstäbe und „Größen“ notwendig und selbstverständlich kommen dabei auch saisonbedingte und der Mode unterworfene Feinheiten ins Blickfeld.
Eine Tasche ist unter dem Gesichtspunkt der Hüterin der Finanzen oder schlichtweg als Verbindungszentrale zu werten. Sie bietet an, für alle Fälle des alltäglichen Lebens gewappnet zu sein. Dabei werden selbst das nervige „Kramen“, der daraus entstehende Zeitaufwand und die schmerzenden Schultern zur Nebensache. Eine Handtasche ist eine Repräsentation des eigenen Stils, ein Kommunikationsmittel, das aber keinen Einblick in das Innerste, das Intimste der jeweiligen Trägerin zulässt.
In heutiger Zeit haben die Taschen auch je nach Verwendungszweck und Form ihre Bezeichnungen und eigene Namen. Sie heißen Pochette (Etui), Shopper, Wochenendtasche, Baquette, Clutch und Messenger. Wobei Rucksäcke auch unter die Kategorie Handtasche fallen.
Im Mittelalter wurden zuerst Taschen aus Stoff oder Leder am Gürtel von den Männern getragen. Das sahen dann auch Frauen als praktisch an und sie trugen Taschen, die an Ketten oder Riemen vom Gürtel herab hingen. Verbreitet hatte man ab dem 16./17. Jahrhundert beutelförmige Taschen, die unter den weiten Röcken, durch einen Schlitz versteckt waren. Diese Art von Taschen blieb sehr lange auf dem Unterrock aufgenäht.
Im Zeitalter des Barock wurden weite Gewänder getragen und erst mit Beginn des Spätbarocks wurden die Gewänder enger. Taschen waren zu jener Zeit noch ein generelles Faux-pas. In der Rokokozeit trugen die Damen dann kleine Seidenbeutel, die mit zwei Schnüren zusammen gebunden wurden, als Griffe oder zum Umhängen.
Heute ist der Name der Madame de Pompadour ein Begriff für eine eigenartige kleine Rund-Tasche, in der man damals Riechsalz, Puder und Taschentuch bewahrte. Einzig oder überhaupt hatten adlige Frauen so einen Beutel und sie signalisierten damit ihren Luxus
Die Mode mit ihren immer enger und durchsichtiger werdenden Gewändern machte schließlich den Gebrauch einer Handtasche unumgänglich. Die Taschen konnten einfach nicht mehr an den Kleidern angebracht, sprich aufgenäht werden.
Als sich um 1800 das Mieder an der Damenoberbekleidung etablierte, verließ wohl keine Dame ohne Handtasche das Haus. 1946 wurde der Metallrahmen erfunden und damit erlangten die herkömmlichen Beutel modische und praktische Formen. Ebenso ging die Entwicklung dahin, dass man Taschen mit Tragegriffen fertigen konnte, die sich strapazierfähig auf Reisen erwiesen. Mit dem ausgehenden 19. Jahrhunderts wurde die Handtasche schließlich ein Accessoire für die Damenwelt.
Nach dem ersten Weltkrieg war Leder knapp und teuer. Man beschränkte sich daher auf Baumwollstoffe für die Taschenherstellung. Der von den Transportsäcken der kanadischen Armee übernommene Reißverschluss wurde 1923 salonfähig. Im Laufe der 30-Jahre wandelte sich das Taschendesigne allmählich in Größe und künstlerischer Gestaltung. Ab den 70-Jahren begannen Modeschöpfer wie Cardin, Versace usw. neben ihren Kollektionen auch Handtaschen zu kreieren.
Aber nach wie vor sind weibliche Handtaschen von einem Geheimnisvollen und rätselhaftem Gedankengut umwittert.