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Traumhafter Gewinn oder Ehealltag einmal anders

Von optik Dienstag 07.01.2025, 23:40

Als Klärchen erwachte schien ihr die Sonne schon ins Gesicht. Sie blinzelte ein wenig und vernahm das Geräusch des Radioweckers auf dem Nachtschrank. Leise sang Udo Jürgens „ich war noch niemals in New York, ich war noch niemals auf Hawai….“ Doch bis zum Beginn der Nachrichten war sie wieder eingeduselt.
Nebenan in der zweiten Betthälfte räusperte sich Karl mit einem langanhaltendem im Gähnen gegrummelten Guten Morgen. Es klang mehr brummig als freudig. Klärchen reagierte nicht. Es blieb eine müd-schläfrige Ruhe. Nach mehreren im Halbschlaf aufgenommenen Schlagertiteln, die mit ihrem rhythmischen Schwung hätten ermuntern können, schlugen beide unvermittelt die Augen auf. Nun war ein deutlich frischeres Guten Morgen zu vernehmen. „Guten Morgen Karl, hast du gut geschlafen“, säuselte Klärchen und ohne auf eine Reaktion zu warten erklärte sie, ich stehe auf und decke den Tisch. Sie entschwand. Erst als der Kaffeeduft durch die Zimmer zog erschien auch Karl und nahm am Frühstückstisch Platz. Er wirkte nachdenklich unausgeschlafen und brummelte „ich hab die ganze Nacht nicht geschlafen, hab nur gerechnet, gedacht …. Ich bin total fertig“. Ei wie ist das, ließ Klärchen vernehmen, du hast doch so laut geschnarcht. Dann kratzte er sich am Kopf und begann zu erzählen. „Ich habe elf Millionen gewonnen und mir nun stundenlang den Kopf zerbrochen, wie ich sie am besten verteile. Unsere drei Jungs bekommen jeder jeweils eine Million. Für jeden unserer Geschwister hab ich je 500.000 einkalkuliert. Jedes Enkelkind kriegt ein neues Auto und noch 100.000 dazu. Nur bei unseren Freunden und Bekannten bin ich mir nicht sicher?“ Er atmete schwer, „ich muss allen gerecht werden und je mehr ich darüber nachdenke“, wieder kam ein tiefer Seufzer, „bei all meinem Rechnen hin und her, ich komme einfach zu keinem klaren Resultat“.
Aber, stutze Klärchen, wir spielen doch gar kein Lotto! Du hast auch nichts gewonnen, und hättest dich damit nicht beschäftigen brauchen. Nach einer nachdenklichen Pause meinte Klärchen: Außerdem warum würdest du das Geld verschenken? Da gäbe es doch andere Wege.
„Ach ja! Das kenne ich! Du und deine Knickrigkeit. Und bloß niemand etwas davon sagen! Immer alles schön geheimnisvoll", knurrte Karl sofort los. "Womöglich alles auf die hohe Kante packen und den größten Teil dem Fiskus in den Rachen werfen. Kommt überhaupt gar nicht in Frage. Lieber verschenke ich alles!“
Damit gab sich Klärchen nicht zufrieden. Ich würde es erst einmal liegen lassen und in Ruhe überlegen, wie man es am Sinnvollsten unterbringen und arbeiten lassen kann. Denk doch bloß mal an den Haufen Zinsen, davon könnten wir beide gut leben und auch unseren Kindern immer noch etwas abgeben, versuchte sie zu beschwichtigen.
„Du und deine Ratschläge. Gönn doch den Kindern die Freude. Ist doch egal wenn sie das Geld auf den Kopf hauen, Hauptsache sie konnten es einmal richtig erleben. Einmal ohne Sorgen sein…du und deine verflixten sparsamen Gedanken". Karl reagierte sehr verärgert.
So ein Quatsch! Natürlich gönn ich es den Kindern. Aber sinnlos so viel Geld ausgeben. Das wäre doch eine Schande. Außerdem verdirbt Geld den Charakter. Womöglich bringt es sie noch auf die schiefe Bahn. Nein! Nein! So einfach mir nichts, dir nichts würde ich ihnen kein Geld geben, warnte Klärchen nachdenklich: Außerdem! Mit so einem Betrag könnte man eine Stiftung oder einen Fond gründen. Alle unsere Nachkommen hätten aus dem Erlös noch etwas.
"Das ist ja mal wieder typisch für dich. Immer alles zigmal absichern, bloß nichts ausgeben, immer sparen! Wozu! Wenn ich alles verteilt habe bleibt ja immer noch ein Haufen übrig. Was machen wir beide damit“, protestierte Karl empört. „Wir können uns eine Wohnung im Norden leisten, ein Haus in den Bergen, jedes Jahr eine schöne Flugreise, ein schnuckliges neues Wohnmobil“ sinnierte Karl weiter“ mehr brauchen wir in unserem Alter nicht mehr“.
Na, du bist ja lustig. Wenn wir unterwegs sind jammerst du schon nach acht Tagen ich will wieder in meinen Garten, an meinem Teich sitzen, in meinem Bett schlafen. Was sollen wir beide auf einer langen Reise. Was mit einer weiteren Wohnung. Wir haben jetzt schon unsere Mühe hier alles in Ordnung zu halten. Und du liebe Güte, wir hätten nur noch Stress. Denk mal an die Bittsteller die uns dann belagern. Und wie viele Gauner gibt es. Wir wären unseres Lebens nicht mehr sicher. Klärchen rührte verstimmt in der Kaffeetasse und sah zu Karl. Bei all deinen Geldgeschäften ist der Kaffee kalt geworden. Lass uns mal ganz schnell den Gewinn vergessen und alles nehmen wie es ist, wir leben so ruhiger.
„Ach ja“, seufzte Karl niedergeschlagen, „hast ja recht. Es war eben nur ein schöner Traum“.



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