Ich bin Rambo Teil 2
Von comanchemoon Dienstag 24.10.2023, 13:48
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„Wir sind jetzt zu Hause!“, sagte Tim zu mir und hob mich aus der Wanne. Draußen stand schon der andere Hund und reckte den Hals in meine Richtung. Später erfuhr ich, dass Cleo eine Schäferhündin war. Ich wurde als Berner Sennenhund bezeichnet und Heinrich erzählte gern, dass er in einem Fachbuch gelesen hatte, das wäre eine ruhige, behäbige Rasse. Was soll’s? Ich hatte das Werk nicht gelesen und somit keine Veranlassung, mich daran zu halten.
Als ich also Cleo auf dem Hof stehen sah und roch, dass es sich um ein Hundedame handelte, ruckte ich an der Leine, an der ich unsinnigerweise befestigt war, unterlief die Hündin und suchte unter ihrem Bauch etwas, was bei meiner Mutter uns Welpen immer zur Verfügung stand. Cleo, empört über soviel Dusseligkeit, knurrte leicht und brachte zum Ausdruck, dass sie soviel Nähe nicht wünschte. Ich war enttäuscht und legte erst einmal ein Würstchen auf den Hof.
„Kräftig loben!“, mahnte Mona Marie die anderen. „Er hat’s draußen gemacht!“
„Feiner Junge, feiiiner Junge!“, stimmten Heinrich und Tim ein und ich bekam ein kleine Leckerei.
Das war ein Nachdenken wert. Also wenn ich einem Drang nachgebe, gibt es eine Leckerei und die Pelzlosen waren freudig erregt. Na, das konnten sie doch öfter haben. Noch am gleichen Tage probierte ich es mehrmals. Allerdings war das Ergebnis etwas enttäuschend. Anstatt ein Leckerli zu bekommen, wurde ich geschnappt und nach draußen getragen, wobei mir ein unverständlicher Vortrag gehalten wurde. Anschließend war meine neue Familie dann mit Eimer und Wischlappen im Haus unterwegs.
Ich schlief nicht viel. Überkam mich aber die Müdigkeit, ließ ich mich da fallen, wo ich gerade war. Ich glaube, sie hatten an bestimmte Stellen Decken für mich platziert, die ich aber mit Verachtung strafte. Ein echter Berner Senner schläft lieber auf kalten Fliesen. Ich zog es auch nachts vor, zu wandern, lag mal hier und mal da. Nur nicht in Cleos Nähe. Sie hatte einen Korb, den sie mit Zeigen ihrer beachtlichen Zähne verteidigte.
Ach ja, und dann gehörte auch noch der Kater Osiris zur Familie. Wir verstanden uns prächtig, und nicht selten stoppten Leute vor unserem Zaun um uns anzugaffen, weil wir beide zusammen auf dem Hausstein lagen.
Eines Morgens kam Mona Marie mit einem großen Behälter und frisch riechenden nassen Sachen bei mir vorbei. „Ich will Wäsche aufhängen!“, erklärte sie mir. Überhaupt sprachen alle viel mit mir, obwohl das gar nicht unbedingt nötig gewesen wäre. Ich hätte sie auch so verstanden.
Also Mona Marie schleppte die Wäsche in den Garten und ich kugelte die Terrassentreppe mit zwei Saltos hinter ihr her. Dann kämpfte ich mich durch hohes Gras und Pusteblumen und war – schwups – mit dem Kopf im Wäschekorb. Das roch so gut! Es war ein herrliches Spiel. Griff Mona Marie nach einem Wäschestück, war ich schneller und schnappte es ihr weg. Ich gab es auch nicht wieder frei. Warum denn auch? Und so zogen und zerrten wir, was der Wäsche angeblich nicht gut bekam.
Am Nachbarzaun hatten sich mittlerweile Zuschauer eingefunden, die mich anfeuerten. „Zieh, Wollkugel, zieh!“, riefen sie und lachten.
Mona Marie war offensichtlich eine schlechte Verliererin und schrie nach Tim: „Hol den Rabauken ins Haus!“
„Wir sollten ihn umtaufen!“, schlug dieser vor. „Kanto ist ja sein Zwingername, aber ich finde, Rambo passt viel besser zu ihm! Komm mal du Fellknäuel“, lockte er mich. „Möchtest du Rambo heißen?“ Mir war das völlig egal und als Antwort rülpste ich und würgte einen Schnürsenkel – gemischt mit gelber Galle – hoch, den ich zuvor aus einem Schuh gezerrt hatte.
Die nächsten Wochen verbrachten meine Leute damit, mir anzugewöhnen, mein Geschäft draußen zu verrichten. Das hätte ich ja gern, aber immer wieder passierte eben, dass ich etwas verlor, ohne es zu wollen. Vorwiegend auf dem blauen Teppich in der Kaminecke und an einer bestimmten Stelle vor dem Gäste WC. Von dieser Stelle aus konnte die Pfütze wunderbar und ungestört unter den Schuhschrank laufen. Bald roch es dort, wie in einer altrömischen Wäscherei für das gewöhnliche Volk. Bekannterweise wurde ja dort mit Urin gereinigt, wegen des Ammoniakgehaltes. Nicht das mich das besonders interessierte, aber Heinrich erwähnte es ein paar Mal. … und mich zog das unwiderstehlich immer wieder an. Ich blieb dieser Stelle und dem blauen Teppich treu.
Nach einigen Wochen und vielen draußen verabreichten Leckerlis entschloss ich mich, in Zukunft die grundlegendsten Regeln der Hygiene zu beachten und meine Geschäfte jetzt nur noch im Garten oder auf dem Feld zu verrichten.