Eingewöhnen (1)
Von
tastifix
Mittwoch 04.10.2023, 07:15 – geändert Dienstag 26.11.2024, 05:12
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tastifix
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Bei einem Eurasierzüchter in Viersen hatte ich mir meinen zukünftigen vierbeinigen Freund ausgesucht und holte ihn dann zwei Wochen später ab.
Nach der Zugfahrt gen Heimat In unserem Stadtteil angekommen, verfrachtete ich das Wollknäuel - es hieß nun Knödelchen - für den Restweg wieder in den Korb, der mir als Transportbehältnis für ihn diente. Knödelchen blieb brav darin sitzen.
„Ein Federgewicht bist Du aber nicht!"
Je näher ich unserem Haus kam, umso aufgeregter war ich, wie A., der Papa meiner Kinder, und der geliebte Nachwuchs auf den Minibären reagieren würden.
Endlich angekommen, setzte ich aufatmend meinen "Einkauf" in der Diele ab.
„Puuhm geschafft!“
So, wie Knödelchen ausschaute, war es klar, dass er das große und die vier kleinen Menschenherzen im Nu eroberte. Aber mal aus dem Korb zu krabbeln und sich umzusehen, fiel ihm nicht ein. Dort drinnen fühlte er sich anscheinend sicher, war sich aber genauso unsicher, was passieren würde, wenn er den verließ. Also zog er es vor weiterhin dort zu verbleiben. War ja für ´ne Weile auch ganz angenehm, einfach nur irgendwo zu sitzen. Er hockte also dort und guckte drollig.
Nach jener ersten kurzen Begrüßung brachte ich ihn nach oben in mein Zimmer, in dem schon ein schickes Hundebett auf ihn wartete, mit einer weichen Kuscheldecke gemütlich ausgepolstert. Ich setzte ihn auf diese Decke. Der Papa und die Kinderschar hockten sich im Halbkreis davor und warteten gespannt, was er nun wohl machen würde. Erst ´mal gar nichts. Er saß, saß und guckte. Das war es dann aber auch!
Meines Wissens gibts Hundebabys, die sich sofort einfallen lassen, was sie in der neuen Umgebung als Erstes anstellen konnten. Die müssen von der ersten Sekunde an im neuen Zuhause dauernd unter Aufsicht stehen, weil ihre neuen "Eltern" sonst ihre Wohnung bereits nach dem ersten Tag mit Hund nicht wiedererkennen würden. Zu denen zählte Knödelchen eindeutig nicht! Vielleicht hatte ich genau das Gegenteil erwischt? Anscheinend hatte er völlig vergessen, dass die Natur allen Lebewesen die Fähigkeit mitgegeben hat, sich bewegen zu können? Da bedurfte es dringend Nachhilfe.
Der Papa ergriff die Initiative, zupfte äußerst vorsichtig am freien Zipfel der Decke und hoffte, es würde wirken. Na ja, immerhin rückte Knödelchen die Pfoten neu zurecht. Mehr nicht! Wie angewachsen saß er dort und blinzelte in die Runde. Wir grinsten.
„Wie machen wir dem nur klar, dass er sich so allmählich gefälligst hier wohlfühlen sollte?“
Unsere Töchter trugen Trinkwasser heran, damit er wenigstens seinen Durst löschte. Schnell war der Napf geleert. Weil wir Sorge litten, er käme vor Durst fast um, holten sie rasch Nachschub herbei. So ging es eine ganze Weile. Als kleiner Prinz vom Scheitel bis zur Sohle schlappte Baby Wasser fast bis zum Umfallen. Folge: Er wollte in den Stunden danach dauernd aufs Klo, denn eine solche Wassermenge verkraftete er nicht.
Sowieso gehen Welpen in den ersten Tagen meist alle zwei Stunden aufs Klo. Besonders freudig genießen dies ihre Menschen des Nachts, wenn sie eigentlich gerne durchschliefen. Doch darauf nimmt Baby keine Rücksicht. Meines übrigens auch nicht!
Klein-Knödelchen machte eben so lange Radau, bis ich - aus dem Tiefschlaf gerissen - aus dem Bett torkelte und wahrlich glücklich mit ihm in die Dunkelheit hinaus stolperte. Auf die Minute pünktlich weckte er mich und quietschte fordernd los. Ich ergab mich in mein Schicksal, streifte fix den Jogginganzug über und wanderte mit Hund an der Leine außer Hause. Wahrlich extrem amüsant wurden diese Spaziergänge bei Sauwetter. Erstens war ich todmüde und zweitens wir beide nach wenigen Minuten pitschnass. Immerhin bewies sich Baby als sehr rücksichtsvoll, beschränkte es aufs Notwendigste und zog danach vehemnt zurück. Nachdem ich als liebendes und pflichtbewusstes Frauchen den Kurztrip also hinter mich gebracht hatte, durfte ich, wieder zu Bett, ihm neidisch zusehen, wie er sich im Korb zusammen kringelte, vor Wonne laut schmatzte und sofort einschlummerte. Ich dagegen brauchte dafür deutlich länger:
„So eine Ungerechtigkeit!"