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Der Psychopath

Von tastifix Montag 28.06.2021, 08:00

Sie hatten ja keine Ahnung davon, wie sehr er litt ...
Überall lauerten sie, versuchten ihn zu demütigen, mit Argumenten und sogar Fäusten zu dem zu machen, was sie selber waren. Sie zeigten Selbstbewusstsein sowie Stärke gegenüber den Mitmenschen, liebten sich oder stritten, kämpften, intrigierten, hassten. Im Gegensatz zu ihm meisterten sie ihr Leben, jeder auf seine Art. Er dagegen war nur Zuschauer.

Die Konfrontation mit dem Alltag draußen setzte ihn unter ständigen Stress. In seinem Inneren tobte und drängte es und dies stachelte ihn zu Verhaltensweisen an, die ihn zu einem besonderen Menschen werden ließen. Einem Menschen, der abseits stand, leicht aneckte und der in manchen Situationen gar als gefährlich galt. In Gesprächen spürte er die Überlegenheit der Anderen, krümmte sich im Wissen und Schmerz wegen des eigenen Unvermögens zusammen. Seine Seele schrie, wollte sich befreien aus ihrem inneren Gefängnis, um sich zu offenbaren und ihn als einen ernstzunehmenden Menschen zu präsentieren. Doch der Kerker der Psychose verhinderte jene verzweifelte Auflehnung. In die Verzweiflung mischte sich ständig anwachsende Wut, je länger und je öfter sich ihm die eigene Unzulänglichkeit und seine Ängste bewiesen.

Nicht mehr lange würde er es ertragen, angestarrt zu werden wie ein minderwertiges Etwas, am Rande der Gesellschaft hilflos ihren immer aggressiveren Anfeindungen ausgesetzt, ein Verfolgter zu sein. Des Nachts half ihm die Fantasie, die Niederlagen des Tages zu verarbeiten, umzuarbeiten in wilde, oft brutale Träume des Siegens und Besiegens seiner Feinde, die nur darauf aus waren, ihm das Leben zur Hölle zu machen und ihn vielleicht letztendlich zu vernichten.

Er bekämpfte sie mit boshaften Ränkespielen bis hin zum Exzess. Erdrückte ihn die Überlegenheit des Gegners, verlor er die Selbstbeherrschung und wütete wie ein wilder Stier, entwickelte im Wahn wahre Bärenkräfte und ließ dem ihn beherrschenden Bösen völlige Freiheit. Allein dadurch lockerten sich die inneren Fesseln. Endlich vermochte er zu atmen wie alle Anderen. Er war ein Jemand, behauptete sich und machte sie mundtot. Ihren Respekt konnte er so nicht gewinnen, aber sie wenigstens in Panik versetzen. Er nutzte die Machtposition, bedrängte und bedrohte die Feinde, bis sie wegen der Unberechenbarkeit der plötzlichen Angriffe vor ihm zitterten.

Nun hatte er alle Fäden in der Hand und dirigierte die Mitmenschen nach Gutdünken. Sie wurden zu Marionetten seiner dunklen und perversen Fantasien. Gefangen in der Normalität war es ihnen nicht vergönnt, die Großartigkeit seiner Persönlichkeit und seines Denkens zu erkennen.

Im Wahn fühlte er sich ihnen überlegen und sich endlich frei.

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