Die Menschheit und das Plastikproblem
Von
Grunewaldturm
17.08.2025, 13:18
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Grunewaldturm
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Bei der UN-Konferenz in Genf hat sich herausgestellt, dass sich die Menschheit das drohende Desaster, das sich über unserer aller Köpfe abspielt, nicht mal wahrzunehmen scheint. Mit Ignoranz und Gewinnstreben lassen es die Völker zu, dass wir den Ast absägen, auf dem wir selbst sitzen.
Das globale Plastikabkommen war die einmalige Chance, die Kunststoffverschmutzung zu beenden. Die Unternehmen, die Kunststoffe herstellen, investieren Milliarden, um die Produktion bis 2050 zu verdoppeln oder zu verdreifachen. Die großen Erdölkonzerne und die erdölfördernden Länder betreiben Lobbyarbeit, um das globale Plastikabkommen zu boykottieren.
Dabei kommen Kinder mittlerweile schon mit Mikroplastik und dessen Schadstoffen vorbelastet auf die Welt.
Eine neue Studie hat nachgewiesen, dass Babys Plastik stärker ausgesetzt sein können als Erwachsene. Wissenschaftler untersuchten dafür den ersten Stuhl von Neugeborenen (sogenanntes Mekonium) sowie den von Babys im ersten Lebensjahr und den von Erwachsenen. In einigen der Mekonium-Proben der Neugeborenen sowie in allen Proben der Babys und Erwachsenen konnten Mikroplastik-Partikel (also Plastik-Teilchen kleiner als 5 mm) gefunden werden. Babys und Neugeborene waren jedoch stärker betroffen als die Erwachsenen. Erschreckend ist zudem, dass im Stuhl eines Babys und in zwei der drei Mekonium-Proben Bisphenol A nachgewiesen werden konnte. Dieser Schadstoff wirkt ähnlich wie das weibliche Hormon Östrogen und hat in Tierversuchen schon in geringer Konzentration zu Organmissbildungen oder der Beeinträchtigung der Gehirnentwicklung geführt. In Babyflaschen ist er seit 2011 verboten.
Die anfängliche Freude über die schöne, bunte Plastikwelt hat sich nun also zu einer Bedrohung entwickelt, die die Menschheit ausrotten könnte. Inzwischen ist es nicht 5 vor 12, sondern schon 12:05 Uhr, und die Wahrscheinlichkeit, dass wir die Bedrohung für die Menschheit noch abwenden können, wird immer geringer.
Etwa 70 Prozent der Erdoberfläche sind von Wasser bedeckt. Doch heute schwimmen in jedem Quadratkilometer der Meere hunderttausende Teile Müll. Seevögel verenden qualvoll an Handyteilen in ihren Mägen, Schildkröten halten Plastiktüten für Quallen, ganze Ökosysteme ersticken und Mikroplastik belastet auch uns Menschen.
Ob in der Tiefsee, in tropischen Regionen oder in Nord- und Ostsee: An jeder Küste der Welt findet man Plastikmüll. Geschätzte 80 bis 150 Millionen Tonnen Plastik schwimmen aktuell in unseren Ozeanen. Das entspricht dem Gewicht von 15 000 Eiffeltürmen oder der Hälfte der gesamten Weltbevölkerung. Für 60–95 Prozent der weltweiten Plastikverschmutzung der Meere ist Einwegplastik verantwortlich. Größenordnungen, die unser Vorstellungsvermögen bei weitem übersteigen. Und täglich wird es mehr.
Es zeigte sich leider, dass dem Trend zum Einweg kein Einhalt geboten werden konnte. Statt auf Mehrwegbehältnisse und Getränkebecher umzusteigen, kamen eher Ersatzmaterialien wie Papier zum Einsatz, die weiterhin zur Abfallflut beitragen. Die Umweltbilanzen solcher Alternativen sind oft wenig besser als die der verbotenen Kunststoffartikel. Die Herstellung von Papier zum Beispiel hat einen hohen Flächenverbrauch und ist ein Grund für massive Abholzungen von Waldgebieten. Auch ein ganzes Jahr nach der Implementierung war die Bilanz der Deutschen Umwelthilfe (DUH) über die Wirksamkeit der neuen Verordnungen ernüchternd: Es gäbe zu wenige Kontrollen, sodass die Einweg-Plastikprodukte weiterhin in den Umlauf gelangen, oder Plastikartikel würden teilweise einfach als „Mehrweg“ oder „wiederverwendbar“ deklariert, obwohl sie de facto weiterhin nach einmaliger Benutzung im Abfall landen.
Nicht der Umstieg von Kunststoff auf Papier, Holz oder Aluminium, sondern der Umstieg von Einweg auf Mehrweg ist der richtige Weg, um Abfall zu vermeiden und Meeresmüll zu bekämpfen. Scheinbar nachhaltigere Materialien einzusetzen, aber an der Einweg- und Wegwerfmentalität nichts zu ändern, wird nicht die notwendige Reduzierung des Abfallaufkommens bringen. Es braucht Maßnahmen und Anreize für Gewerbetreibende und Verbraucher, um die Entscheidung für Mehrweg leichter zu machen. Die nachhaltigere Lösung muss auch die attraktivere Lösung sein. Die seit Anfang 2023 in Deutschland geltende Mehrwegangebotspflicht oder die kürzlich bestätigte Verpackungssteuer in der Universitätsstadt Tübingen sind rechtliche Instrumente, die den Weg in die richtige Richtung weisen. Wesentlich ist aber auch die konsequente Kontrolle durch die Behörden, damit beispielsweise die Mehrwegangebotspflicht auch wirklich von den Betrieben umgesetzt wird und kein leeres Versprechen bleibt. Die Betriebe müssen über ihre Pflichten aufgeklärt werden und bestmöglich bei der Einführung von Mehrweglogistik oder Pfandsystemen unterstützt werden, damit vor allem kleine Betriebe nicht unter den Kosten leiden. Es gibt positive Lösungsansätze, die politisch mehr gefördert werden müssen, wenn die Abfallhierarchie eingehalten, eine messbare Abfallreduktion erreicht und den negativen Auswirkungen von Meeresmüll auf Umwelt und Gesundheit entgegengewirkt werden soll ...