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Die Priesterschrift

Von Edison35 Montag 15.04.2024, 17:36


Bild: Anton Laupheimer: Schreibender Mönch

Es zeigt sich wieder einmal, dass das AT eine Textsammlung ist und nicht von Gott inspiriert wurde.
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Mit dem Begriff Priesterschrift (abgekürzt: P) bezeichnet die historisch-kritische Bibelwissenschaft seit dem 18. Jahrhundert eine Quellenschrift, die vermutlich in der Tora, den fünf Büchern Mose, verarbeitet worden ist.

Mit der Aufklärung begann in Europa auch die historisch-kritische Erforschung der Bibel. Seit dem 18. Jahrhundert wurde die Bibel nicht mehr nur in ihrer Funktion als geoffenbartes Wort Gottes rezipiert, sondern auch in ihrer Gestalt als historisch gewachsenes Buch wahrgenommen und untersucht.

In Bezug auf den Pentateuch entdeckte die frühe Forschung Spannungen und Uneinheitlichkeiten innerhalb des Textes, die im 18. Jahrhundert den Hildesheimer Pfarrer Henning Bernhard Witter[1] und wenige Jahrzehnte später den französischen Mediziner Jean Astruc[2] dazu bewogen, eine neue Theorie über die Entstehung des Pentateuch zu entwickeln. Diese Theorie brach mit der Überzeugung, Mose sei der Autor des Pentateuch. Witter und Astruc schlossen, dass die fünf Bücher Mose in einem langen Wachstumsprozess aus ehedem unabhängigen Quellenschriften entstanden seien. Diese Quellenschriften seien zwar nicht erhalten, aber mithilfe der historisch-kritischen Methode aus dem heutigen Endtext zu rekonstruieren.

Astruc erkannte innerhalb des Pentateuchs vier unabhängige Quellenschriften, die er mit den Buchstaben A–D benannte. Diese These wurde weiter ausgebaut, woran in den folgenden Jahrzehnten in Deutschland vor allem die Forscher Johann Gottfried Eichhorn,[3] Karl David Ilgen,[4] Johann Severin Vater, Wilhelm Martin Leberecht de Wette und schließlich Julius Wellhausen beteiligt waren.

Nachdem zuerst Bezeichnungen wie „Elohim-Epos“ gebraucht wurden, prägte Abraham Kuenen die seither übliche Bezeichnung Priesterschrift (1880).[5]

Die Entwicklung mündete in der von Wellhausen[6] formulierten und von Martin Noth ausgebauten Neueren Urkundenhypothese, die die vier Quellen Astrucs historisch und inhaltlich genau umreißen konnte und sie folgendermaßen benannte:

Jahwist (J) aus der Zeit um 950 v. Chr.
Elohist (E) aus der Zeit um 800 v. Chr.
(Ur-)Deuteronomium (D) aus dem 7. Jahrhundert v. Chr.
Priesterschrift (P) aus der babylonischen Exilzeit um 550 v. Chr.

Die Priesterschrift (P) sei demnach die jüngste der vier Quellen des Pentateuchs. Sie sei in der Zeit des babylonischen Exils entstanden und in nachexilischer Zeit mit den älteren Quellen J, E und D zu einem fortlaufenden Text zusammengearbeitet worden.

Im Laufe des 19. Jahrhunderts bildete sich ein weitgehender Konsens über den Umfang und die Gestalt der Priesterschrift heraus. Die von Theodor Nöldeke 1869 herausgearbeitete „priesterliche Grundschicht“[7] ist trotz aller Umbrüche in der Pentateuchforschung bis heute weithin unbestritten. Seit den 1970er-Jahren wird die Priesterschrift von der alttestamentlichen Wissenschaft zunehmend als die einzige durchlaufende Quelle beurteilt.

In neuerer Zeit wird mehrheitlich die These vertreten, dass die Grundschicht (PG) durch einzelne „spätpriesterliche“ Zusätze (PS) erweitert wurde.[8]
Entstehung

Entstanden sei die Priesterschrift in einer ersten Ebene (Grundschrift – PG) vermutlich im 6. Jahrhundert v. Chr. während des Babylonischen Exils in Kreisen der ehemaligen Jerusalemer Priesterschaft, die die älteren Materialien des späteren Pentateuch gekannt haben müssen. Die Erfahrung des Untergangs von Tempel und Königtum durch die babylonische Eroberung im Jahr 587 v. Chr. nötigten zu einer Neudarstellung der Geschichte von der Schöpfung bis zur Wüstenzeit der Israeliten, die die Heiligkeit des Gottes JHWH betonte und daher auch ein neues Opferverständnis entwickelte. Eine Erweiterung erfuhr sie wohl im nachexilischen Jerusalem (Sekundärschrift – PS).

Die Priesterschrift wurde wohl im 5. Jahrhundert v. Chr. mit den anderen Quellenschriften der fünf Bücher Mose vom sogenannten Pentateuchredaktor (Abkürzung: RP) zusammengearbeitet.
Inhalt

Die Priesterschrift erzählt die Geschichte Israels von der Schöpfung (Genesis 1,1) bis zum Tod des Mose (Deuteronomium 34,7–9). Wo genau das Ende der Priesterschrift liegt, ist in der Forschung umstritten. Manchen Wissenschaftlern zufolge liegt es bereits in Ex 40, anderen zufolge gehört auch das Buch Levitikus (3. Buch Mose) vollständig dazu. Eventuell finden sich auch noch im Buch Numeri (4. Buch Mose) priesterschriftliche Erzählungen; im Buch Deuteronomium ist es besonders der Schlussabschnitt.

Die Geschichte wird in der Priesterschrift als Offenbarungsgeschichte mit verschiedenen Perioden entworfen (2. Mose 6,3). Manches deutet darauf hin, dass die Priesterschrift eine von den vorexilischen Schriftpropheten angekündigte Zukunft ideal als Vergangenheit darstellt (zum Beispiel wird in Gen 6,13 EU das Wort des Propheten Amos Am 8,2 EU und in Ex 25,8–9 EU sowie in Ex 29,45 EUf das Wort Ezechiels Ez 37,26–28 EU zitiert). Ziel der Weltschöpfung sind die Entstehung Israels als Volk (2. Mose 1,7) und die Errichtung des Heiligtums (2. Mose 25–31. 35–40), einer verkleinerten Rückprojektion des Jerusalemer Tempels: Im Zions-Heiligtum will der Gott JHWH in der Welt wohnen, hier will er Israel durch die von ihm gestiftete Sühneweihe heiligen.

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