Denkanstoß zum besseren Miteinander
Von Feierabend-Mitglied Donnerstag 23.01.2025, 21:06
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Dr. Heinz Ritter: Vom Dogmatismus zum Gespräch
Die meisten Menschen sind Bekenner, Demokraten, Katholiken, Anthroposophen. Man spricht durch sie hindurch mit einer Konfession, einer Partei, einer Weltanschauung, nicht mehr mit ihnen selbst. Sie haben einen festen Glauben und übersehen gerne, dass es neben ihnen andere Menschen mit ebenso starkem, aber entgegengesetztem Glauben gibt.
Das Erlebnis, welches von einem Lehrer oder einer Lehre ausgeht, kann überwältigend sein. Der Eindringende findet sich mit einer unerhörten Sicherheit durch Gebiete des Geistes geführt, welche er selbst sich nicht eröffnen könnte.
Die Sicherheit des Lehrers oder der Lehre kann ihm so überwältigend sein, dass er sie für unfehlbar hält.
Dieses Verhältnis ist gesund und natürlich gegründet.
Es wird erst ungesund, wo der Übergang zur Selbstständigkeit nicht in angemessener Zeit gefunden wird.
Wer selbstständig werden will, wer sein Leben gestalten will ‚mit innerer Wahrhaftigkeit, vor eigener Verantwortung, in eigener Bestimmung‘, der muss sich zunächst auf das beschränken, was er mit eigenem Urteil erfassen und mit eigenen Erfahrungen belegen kann. Das ist zunächst sehr wenig.
Erstes Erfordernis ist also die Beschränkung. Das zweite Erfordernis ist die Loslösung von Lehrer und Lehre.
Er löst sich damit aus gewohnter Sicherheit und Geborgenheit. Nichts ist ihm mehr gewiss, keine Erkenntnis und Wahrheit ist mehr fraglos. Groß stehen die Fragen auf, und das Ziel liegt im Dunkeln.
Der Selbstständige hat im Selbstständigen immer einen Freund. Denn jetzt ist Gespräch möglich.
Selbstständigkeit vereinzelt nicht, sie verbindet. Das zeigte schon die deutsche Jugendbewegung.
Verehrung ist eine gute Kraft, nur darf sie nicht übersehen, dass der Verehrte ein Mensch ist, persönliches Schicksal, individuelle Berufung hat, eingebunden ist in die Bedingtheit seiner Zeit, seiner Umwelt mit ihren besonderen Fragen, Anschauungen, Vorurteilen, Hoffnungen, Zielen.
Blindes Folgen, dogmatische Gläubigkeit mag als Vorstufe ihre Berechtigung haben. Wenn sie den Übergang zum selbstständigen Denken und Handeln nicht findet, wird sie zum Fanatismus führen.