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Der verlorene Vater

23. Juli 2009, 14 Uhr: Als wir in unserem Feierabend-Literaturclub Wibke Bruhns Meines Vaters Land diskutieren, ist es 55 Jahre minus zwei Tage her, dass Hans Georg Klamroth von den Nazis verhaftet wurde, um unter dem Strang zu sterben. Wibke Bruhns, damals Klamroth und die Tochter des HG, war gerade einmal fünf Jahre alt, als dieses Drama über die großbürgerliche Kaufmannsfamilie aus Halberstadt hereinbrach. HG, wie ihn die Tochter in ihrem bewegenden, aufrüttelnden, beeindruckenden Familien- und Geschichtsbuch nennt, war Major der Reserve. Weil er von dem Attentat auf Hitler wusste und sowohl Claus von Stauffenberg als auch die anderen Verschwörer - Mitglieder seiner Familie gehörten dazu - nicht ans Messer lieferte, starb er wie sie und zählt seitdem zu den Männern des 20. Juli 1944.

Wibke Bruhns war ein Video in die Hände gefallen, als die Journalistin 1979 ihren Umzug nach Israel vorbereitete. Sie sah ihren Vater vor dem Volksgerichtshof - aber wer war das, ihr Vater? Sie kannte ihn nicht. Doch nun wollte sie ihn kennenlernen. Das Glück dabei: Sie konnte auf einen Fundus an Briefen, Firmenunterlagen, Tagebüchern und ungezählten Fakten, die Familienmitglieder aufnotiert hatten, zurückgreifen. So ist ein Buch entstanden, das uns alle in besonderem Maße beeindruckt und bewegt hat.

Bei der Lesung im Garten von Gittelis waren dabei: Gittelis und Ehemann, Freizeitfan, Helene mit Ehemann, nomoko, Hundeliebhaberin und Blackhuskyman. Allesamt waren wir uns einig: Dieses Buch ist mehr als eine Empfehlung wert. Sowohl die anfangs glückliche Ehe der Eltern und das Versagen des Vaters werden beschrieben; die Geschwister, Verhältnisse, Lügen, das Familiengeschäft, Familienfeiern, politisches Zeitgeschehen und die Entwicklungen bis hin zum Ende des 20. Juli werden greifbar und lebendig geschildert. Man erfährt: So war das also, diese Stimmung war also im Land, diese Stimmung hat den Aufstieg Hitlers begünstigt. Das hat `man` gewusst und das nicht. Die politische Lage zwischen den Kriegen wurde mir noch nie so klar wie hier, heißt es in einem Leserbrief. Und: Warum kann Geschichtsunterricht trotz der vielen Medien, die heute zur Verfügung stehen, nicht so anschaulich sein.


© nomoko



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