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Blut ist nicht gleich Blut! Kann man das ändern?

Von Nordlichter Mittwoch 01.05.2024, 22:52 – geändert 05.05.2024, 18:19

Alle Menschen auf der Erde haben eine von den vier Blutgruppen: A, B, AB oder Null.
Die Verteilung der Blutgruppen in der Weltbevölkerung ist ungleich. Im Mitteleuropa haben die meisten Menschen Blutgruppe A oder Null. Warum das so ist, wurde noch nicht entdeckt. Warum ist es so wichtig die eigene Blutgruppe zu kennen?

Nicht nur (für Frauen) in der Schwangerschaft ist es wichtig alles über das eigene Blut zu wissen (wg. evtl. Risiken), sondern vor allem im Falle eines Unfalls oder einer schweren Krankheit, wenn ein Patient auf eine Bluttransfusion angewiesen ist.
Dann muss man aufpassen, das man dem Patienten die richtige, passende Blutgruppe injiziert, sonst besteht die Gefahr einer Abstoßung oder anderer Risiken.

Die "großzügigste" Blutgruppe ist Null, weil sie zu allen anderen "passt" - grob erklärt.
Umgekehrt, kann der Blutgruppe Null-Patient Blutkonserven ausschließlich von seinen Gleichen bekommen. Und hier wird es problematisch für ihn, weil nur etwa 6% der Weltbevölkerung besitzt die wunderbare Blutgruppe Null. Grund ist auch hier unbekannt.

Die Blut-Kompatibilität zwischen Spender und Empfänger ist sehr kompliziert, relevant ist nämlich nicht nur die Blutgruppe an sich, sondern auch andere Blutkörperchen-Faktoren. Forscher schafften insgesammt 36 Blutkörperchen -Faktoren zu identifizieren, die unsere Blutgruppe charakterisiert. Einige von ihnen sind nicht besonders wichtig, aber manche sind maßgebend für den Erfolg einer Bluttransfusion: z.B. das ABO-System, der Rhesus-Faktor und der Xga-Faktor (=Gerinnung). Es gibt natürlich weitere "interne, geheime Details" in unserem Blut.

Interessant ist, z.B, dass einem Drittel aller Männer, aber nur jeder 10. Frau der Xga-Faktor aus dem Blutkörperchen fehlt. Das weiß man zwar schon seit 1962, aber warum ist es so? Forscher versuchten neulich das zu verstehen und zu erklären, ich erspare euch die allzu fachlichen Details.
Nur soviel: Das Gen von Xga liegt auf den X-Chromosom und dies führt zu Genvarianten. Dies entdeckte man in einer Studie mit 2612 Genvarianten (den Probanden entnommen). Man hat festgestellt, dass einem Teil der Weltbevölkerung dieser Blutfaktor fehlt. Warum ist das so? Niemand weiß es.

Was tun, wenn zu wenige passende Blutkonserven gibt? Der Patient braucht das Blut dringend. Die Erstellung einer fairen Patienten-Warteliste ist eine ethische Belastung für die entscheidenden Ärzte.

Und hier kommt die wunderbare Neuigkeit: Neulich haben dänische und schwedische Forscher entdeckt, dass man es schaffen kann, Blut der Gruppen A und B in Gruppe Null zu verwandeln. Kein Hokus-Pokus, sondern Realität!
Was für eine doppelt gute Nachricht: Damit werden genug Blutkonserven für jeden da sein, und vielleicht sogar ohne die Notwendigkeit von weiteren Blutspenden.
Wie soll das gehen?

Zugegeben - das haben nicht die Forscher erfunden, sondern den Wunder verdankt man bestimmten Enzymen, die von einem Darm-Bakterium produziert werden. Das Bakterium ernährt sich vom Darm-Schleimhaut und produziert diese Enzymen, die - ihrerseits. - die menschliche Blutgruppe in eine andere "transformieren" können.
Wie das geht? Die Enzymen reagieren mit dem Zuckeranhänge der Erythrozyten und entferne diese definitiv.
Es geht um ein Enzym-Gemisch, das vom Dickdarm-Bakterium namens "Akkermansia muciniphila" produziert wird. Diese Enzymen beinflussen nicht nur die Roten Blutkörperchen an sich, sondern entfernen auch die Zuckeranhänge nachhaltig. So wird das jeweilige Blut (der Gruppe A oder zum Blut der universell brauchbaren Gruppe Null (die k e i n e Zuckeranhänge hat!)!
Eine echte Sensation!

Das meint auch Hämatologe Prof. Markus Müller von der Goethe-Universität in Frankfurt am Main, der meint: "Die Ergebnisse der Studie sind wissenschaftlich und versorgungstechisch interessant".

Prof. Mattias Möller, Universität Lund, einer der Studie-Autoren, kann richtig stolz darauf sein, doch er meint auch:
"Es bleiben weiterhin Fragen zu klären, auch wenn der Bluttransfer erfolgreich ist: Rufen die so behandelten Erythrozyten eine Immunreaktion im Patienten hervor? Eventuell bei einer wiederholten Anwendung? Wie lange überleben solche vorbehandelten Erythrozyten im Empfänger? Und wie gut fließen sie durch die kleinsten Kapillaren?"

Das bliebt noch zu testen und zu krären. Kompliziert ist die Sache immer noch, denn auch bei einer Transfusion mit dem kompatiblen Blut gibt es nur eine 55% Erfoglrate.

Aber die Hoffung - ja, zum Glück haben wir die Hoffnung...

Quelle:

Nature Microbiology
Nature Briefing
Science Media Center Germany
Scinexx
Focus online
T-online
Omni BIOTIC
meintrup.dvs
Blut Spenden
ASH-Publications/Blood


Bild 1: Die geheimnisvolle Blubahn des Menschen, Foto: iStock
Bild 2: Die vier Blutgruppen des Menschen im Vergleich, Foto via meintrup.dvs
Bild 3: Die Blutgruppen, mit und ohne Antigenanhänge, Foto: Science Media Center
Bild 4: Das Wunder-Bakterium Akkermansia muciniphila, Foto: Omni BIOTIC
Bild 5: Die %-Verteilung der Blutgruppen in Europa, Foto Blut Spende




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