Heiterkeit zur Aufbauzeit
Kürzlich fiel mir zum wiederholten Mal ein Karikaturen-Heft in die Hände. Dieses besaß ich schon als Kind, erinnere ich mich. Es stammt aus dem Jahre 1946. Damals herausgegeben vom Aufbau Verlag, Berlin W 8, gedruckt in Calbe / Saale.
Karikaturen, gezeichnet Ende 1945. Deutschland und fast ganz Europa in Trümmern. Erstaunlich, wie nach “1000“ Jahren Nationalsozialismus, mit all seinen weitestgehenden Restriktionen ein Künstler den Mut fand, das Zeitgeschehen im Nachkriegsdeutschland zu karikieren.
Mit Sicherheit können wir heute nicht mehr nachvollziehen, mit welchen Emotionen die Menschen die Zeichnungen von Erwin Kutz be-trachtet haben mögen. Gerade lebend dem Inferno des Krieges entkommen, in Städten wie Köln, Berlin oder Dresden waren sicher andere Dinge wichtig, als sich an feinfühligem Humor zu erfreuen.
Bild oben: "Macht wieder ordentlich Spaß, die Arbeit. Hat man früher mal zu lange unterm Schreibtisch gewischt, mußte man gleich zur Spionage-Abwehrstelle, von wegen Rüstungsgeheimnisse und so.
Der Zeichner Erwin Kutz: “Als Karikaturist, dem nun wieder die Freiheit der eigenen Meinung im Schaffen gegeben ist, stehe ich heute vor der schönen Aufgabe, da, wo Gutes geschieht, mit liebeswürdigen Humor aufzuwarten, da wo sich die Schwächen unserer Mitmenschen zeigen, mit spitzen und versöhnlichen Witz zu berichten.“
Hätten die Menschen in den zerstörten Ländern, Deutschland eingeschlossen, damals nur unsere heutigen Probleme gekannt, wären sie sehr zufrieden gewesen. Doch standen vor den Fragen: Was essen wir heute und wie heizen wir morgen die Wohnung? Dinge, die Viele von uns sich nicht mehr vorstellen können, oder wollen. Solche Gedanken kommen mir in den Sinn, während weiter ich im Karikaturenheft blättere
unten: "Lass dein Gequatsche von wegen Herrenbekleidungsherstellungsunternehmen. Heute kannst du getrost wieder Konfektion sagen."
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