Für musikbegeisterte Mitglieder der Regionalgruppe Dresden sollte dieser Donnerstag, der 29. November 2007, ein besonderes Erlebnis werden. Wir trafen uns kurz vor elf am Bühneneingang des Dresdner Kulturpalastes. Unser Besuch gilt einem der beiden großen Orchester Dresdens, der “Dresdner Philharmonie“.
Pünktlich begrüßt uns der Orchesterinspektor Mathias Albert und führt uns in einen kleineren Probenraum. Sichtbar sind an der Decke des Ganges und im Raum selbst die Spuren der Neuinstallation der Elektroanlage des Kulturpalastes. Schließlich war dieser vor Monaten, wegen Brandgefahr, von Heute auf Morgen geschlossen worden.
Wir nehmen Platz auf den Stühlen, welche bei Satzproben (Probe der Instrumentengruppen) den Musikern vorbehalten sind. Auch der Philharmonische Chor probt hier. Herr Albert erläutert die Tätigkeit eines Orchesterinspektors. Er ist für das Funktionieren der Philharmonie zuständig, für die Verfügbarkeit der einzelnen Musiker bis zur Bereitstellung des Notenmaterials, von der Zusammenstellung der Instrumente bis zur Logistik bei Konzertreisen. Selbstverständlich kommt Herr Albert auch aus einer musikalischen Laufbahn.
Die Dresdner Philharmonie absolviert 2007/2008 ihre 137. Spielzeit. Das sind 137 Jahre sächsischer Klang, ein Markenzeichen. Sie gehört neben der Berliner und Münchner Philharmonie, dem Gewandhausorchester Leipzig und der Sächsischen Staatskapelle zu den bekanntesten Orchestern in Deutschland. Unter dem spanischen Chefdirigenten Carlos Frühbeck de Burgos gab es zahlreiche Gastspiele im Ausland. Gerade kurz vor unserem Besuch ist das Orchester aus Skandinavien zurückgekommen.
Wir betreten den Festsaal des Dresdner Kulturpalastes während einer Pause für die Musiker. Die Bühne des Hauses reicht gerade so für das über 100 Musiker zählende Orchester. Für das Konzert am kommenden Wochenende hat sich der Gastdirigent aus England, Stefan Asbury, schwierige Literatur herausgesucht. Leonard Bernstein, Phillip Glass, Bela Bartok und Charles Yves stehen auf dem Programm. Dazu musste sich die Philharmonie mit Piano, Orgel und sehr viel Schlagwerk verstärken.
Die Musiker nehmen wieder Platz und wir wohnen der Probe fast eine Stunde bei. Geprobt wird ein Stück des amerikanischen Komponisten Charles Yves (1874 – 1954), “Three Places In New England“ heißt es. (Drei Plätze in Neu England) Es fällt schwer, das interessante Konzertstück hier zu beschreiben. Ein Kritiker schrieb darüber einmal: “Es ist purer Hochgenuss, wie die Musiker dem Dirigenten konzentriert und ausdrucksstark durch fast schon elegische Landschaftsbilder und schizophrene Marschmusikattacken folgen.“ In der Tat ist das Ineinander und Gegeneinander von schwelgenden Streicherklängen in langen Melodiebögen und sehr zackiger, disharmonischer Blasmusik offensichtlich die Schwierigkeit beim Spielen. Ein Blick in das Programmheft bringt mehr Klarheit: Ives' verwendet (oft verfremdet) Zitate aus den verschiedensten musikalischen und sozialen Sphären, er schöpft aus den Quellen der traditionellen Musik seines Landes mehr als aus denen der europäischen Klassik. »Three Places in New England« entführt den Hörer an verschiedene Orte von Yves´ Heimat. Ausgehend von Volksliedern, religiösen Hymnen und Marschmusik, skizziert der Komponist ein »Sittenbild« der USA um die Jahrhundertwende
Der Dirigent Stefan Asbury unterbricht einige Male das Spiel, um den Musikern seine Vorstellungen zu erläutern oder kleine Passagen vorzusingen.
Nach unserem Aufenthalt im Festsaal des Kulturpalastes gehen wir mit Mathias Albert nochmals in den Probenraum. Zeit für Nachfragen. Erfragt wird das Durchschnittsalter der Orchestermusiker, 44, erfahren wir. Auch erzählt uns Herr Albert von der Notwendigkeit, den Kulturpalast zukünftig nochmals wegen Umbaumaßnahmen monatelang stillzulegen. In dem Zusammenhang gewinnt der Wunsch des renomierten Orchesters nach einem eigenen Haus in Dresden an Bedeutung. Dafür haben die Mitglieder der Philharmonie schon auf Teile des Gehaltes verzichtet, eine Spendenaktion wurde ins Leben gerufen. Der Kulturpalast ist ursprünglich als Mehrzweckhalle konzipiert, er genügt nicht den akustischen Anforderungen eines Weltklasse -Klangkörpers.
Am Ende unseres Besuches bedanken wir uns beim Orchesterinspektor Mathias Albert für seine Erläuterungen. Er erhält eine gute Flasche Rotwein, die ihm der Regionalleiter der Gruppe Dresden überreicht.
Text; Gernot (gernsixtie), Fotos: Günter (Albireo)
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