Zöliakie: Wenn Brot plötzlich Beschwerden verursacht
Immer mehr Menschen klagen darüber, dass sie Brot, Nudeln oder Gebäck nicht mehr gut vertragen. In Zeitschriften, Fernsehsendungen und auf Verpackungen ist häufig von Glutenunverträglichkeit die Rede, und glutenfreie Produkte füllen längst ganze Regale im Supermarkt. Doch ist tatsächlich eine neue Volkskrankheit entstanden oder liegt die Ursache vielleicht woanders?
Eine Krankheit des Immunsystems
Zöliakie ist keine Modeerscheinung, sondern eine klar definierte Erkrankung des Immunsystems. Sie entsteht durch eine Überreaktion auf Gluten, ein Eiweiß, das in Getreidesorten wie Weizen, Roggen, Dinkel und Gerste vorkommt. Bei Menschen mit Zöliakie greift das Immunsystem die Schleimhaut des Dünndarms an, sobald Gluten aufgenommen wird. Die Darmzotten, die normalerweise für die Aufnahme von Nährstoffen zuständig sind, bilden sich zurück. Auf Dauer führt das zu Mangelerscheinungen und vielfältigen Beschwerden.
Symptome und Ernährung bei Zöliakie
Zöliakie kann sich sehr unterschiedlich äußern. Häufige Anzeichen sind anhaltende Bauchschmerzen, Blähungen, Durchfall oder Verstopfung, Appetitlosigkeit und Gewichtsverlust. Manche Betroffene fühlen sich dauerhaft müde oder leiden unter Konzentrationsproblemen und Nährstoffmangel, etwa durch einen Mangel an Eisen oder Folsäure. Bei älteren Menschen kann die Erkrankung manchmal untypisch verlaufen und sich eher durch allgemeine Schwäche oder Knochenschmerzen bemerkbar machen.
Wer an Zöliakie leidet, muss Gluten vollständig meiden. Das bedeutet, alle Produkte aus Weizen, Dinkel, Roggen, Gerste und verwandten Getreidesorten dürfen nicht mehr gegessen werden. Auch Grünkern, Bulgur, Couscous und viele Fertigprodukte enthalten oft verstecktes Gluten.
Unterschied zu anderen Empfindlichkeiten
Viele, die nach dem Essen von Brot Beschwerden bemerken, leiden allerdings nicht an Zöliakie. Häufig steckt eine andere Form der Empfindlichkeit dahinter, bei der bestimmte Zuckerbestandteile des Getreides im Darm schlecht verarbeitet werden. Auch Reizdarmbeschwerden oder eine veränderte Darmflora können eine Rolle spielen. Die Symptome ähneln sich, weshalb die Abklärung durch eine Ärztin oder einen Arzt wichtig ist, bevor eine glutenfreie Ernährung begonnen wird.
Wie Brot früher hergestellt wurde
Ein weiterer Aspekt betrifft die Herstellung der Backwaren. Früher durfte Brotteig lange ruhen, oft über Nacht. Während dieser Zeit bauten Hefen und Milchsäurebakterien schwer verdauliche Bestandteile teilweise ab. Das Ergebnis war ein aromatisches und gut bekömmliches Brot, das nicht nur länger haltbar, sondern auch für empfindliche Mägen verträglicher war.
Der Einfluss der Schnellbäckereien
Heute ist Brotbacken häufig ein Prozess, der innerhalb weniger Stunden abgeschlossen wird. In industriellen Anlagen wird der Teig beschleunigt geführt, um Zeit und Kosten zu sparen. Zusatzstoffe wie Enzyme oder Backhilfsmittel sorgen dafür, dass das Brot locker wird und gleichmäßig aussieht. Für die Verdauung kann das jedoch einen Unterschied machen, denn durch die verkürzte Reifezeit werden manche Stoffe nicht mehr vollständig abgebaut.
Was bei Beschwerden zu tun ist
Wer regelmäßig nach dem Verzehr von Brot oder anderen Getreideprodukten Beschwerden verspürt, sollte eine ärztliche Untersuchung in Anspruch nehmen. Zunächst wird im Blut nach bestimmten Antikörpern gesucht, die auf Zöliakie hinweisen können. Wird der Verdacht bestätigt, erfolgt eine genauere Untersuchung des Dünndarms. Wichtig ist, vor dieser Diagnostik nicht auf glutenfreie Kost umzusteigen, da die Ergebnisse sonst unzuverlässig werden.
Brot bewusster genießen
Menschen ohne Zöliakie müssen Gluten nicht grundsätzlich meiden. Wer jedoch empfindlich reagiert, profitiert häufig von traditionell hergestellten Broten mit langer Teigführung oder von Sauerteigbroten. Auch die bewusste Auswahl kleiner handwerklicher Bäckereien kann helfen, den Unterschied zu spüren. So bleibt Brot ein Genuss – auch in Zeiten, in denen viele es plötzlich nicht mehr vertragen.
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