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Frau Gruber in ihrem Element

Gut gelaunt und äußerst lebendig, führte uns (eine aus sechs Personen bestehende Gruppe) Frau Gruber zu einer Kräuterwanderung.

Schon nach kurzer Zeit blühten uns die herrlichsten Pflanzen am Wiesenhain entgegen. Wir erfuhren, dass Mädesüß gut für die Schilddrüse sei und Brennnessel viel Eisen enthalte. Und ihren blauen, verschmitzt blitzenden Augen entging kein unaufmerksamer Schüler.

„Spitzwegerich hilft bei Mückenstichen, meine Damen“, (es waren tatsächlich auch zwei Herren dabei) und mit einem kraftvollen Ruck zog sie das Labskraut heraus und hielt es uns unter die Nasen, „und ist gut für Hals und Kehle.“ Zinnkraut enthält viel Kieselsäure, das mögen unsere Haare und Knochen. Holunder, auch Holler genannt wächst auf sogenannten Störzonen und wird gern in naher Umgebung der Häuser gepflanzt, um Böses abzuwehren.

„Auch der Farn“, sagte sie (wir versuchten ihrem schnellen Schritt zu folgen). „wehrt Böses ab. Der Breitwegerich schaut’s her, hier mitten auf dem Fahrweg, ist nicht klein zu kriegen. Er stärkt die Manneskraft (die zwei Männer zeigten zum ersten Mal ehrliches Interesse). Und der Rotklee hörten wir, sei eine Pflanze zur Linderung der Wechseljahrbeschwerden. Frau Gruber war in ihrem Element. Ihr lustiges Filzhütchen wippte vorwitzig auf dem nachgeblondeten Haar.

„Der Frauenmantel, meine Damen, ist das Beste für den Unterleib.“ Inzwischen hielten wir alle kleine Sträußchen aus der Naturapotheke in den Händen. „Hier, die weiße Taubennessel“, sie zeigte uns die grünen, mit kleinen weißen Blüten versehenen Stängelchen, „auch eine Pflanze für die Frau.“

„Da schaut’s her, die Mannsbilder brauchen nur das eine Kraut“, rief die füllige Wienerin, nebst ihrem etwas verlegen dreinschauenden Gatten. „Der Ehrenpreis beruhigt die Nerven, hier riecht’s mal!“ Und sie hielt einen kitzelnden Büschel des selbigen unter unsere Nasen. „Die gelbe Taubnessel wiederum ist gut für die Leber“, ein ernstes Nicken hier und da, „und Hirtentäschel regelt den zu hohen Blutdruck.“

"Kamille ist entzündungshemmend und wassertreibend."Doch der Löwenzahn schien ihre Lieblingspflanze zu sein, euphorisch schilderte sie seine Vorzüge.

Dann entdeckte sie Pfefferminz und rupfte uns einen riesigen Strauß zusammen. „Gut gegen Wetterfühligkeit!“ Breitbeinig stand sie in feschen Bundlederhosen im wild blühenden Gras. „Warzenkraut schaut’s her“, und schnippte den Stängel von der Blüte. Eine gelbliche Flüssigkeit rann heraus. „Tupft dies auf euren Leberfleck und der verschwindet.“ Jeder versuchte nun bei sich einen Leberfleck ausfindig zu machen und es dauerte sehr lange, bis die gelblichbraune Farbe nicht mehr sichtbar war über dem verbliebenen Leberfleck.

„Hauswurz hilft bei Verbrennungen.“ Eine Dame aus Gelsenkirchen, ebenfalls ausgestattet mit einem grünen Filzhut notierte all das gehörte säuberlich in ein kleines Notizbuch. Frau Gruber hatte es mit ihr nicht leicht. Anders als wir Unwissenden, mit glänzenden Augen Zuhörenden, stellte sie dank ihrer enormen Pflanzenkenntnis, manch Ausführungen Frau Grubers in Frage. „Die Heidelbeere eine Wohltat für Leber und Niere! Arnika, Johanniskraut, Sauerampfer“, die Stimme der Gelsenkirchnerin überschlug sich, doch Frau Gruber verzog nur ihren Mund und meinte der Sauerampfer sei gut zum Einwickeln des Käses droben auf der Alm.

„Storchenschnabel hilft bei Ohrenschmerzen“, erwiderte die Dame aus G. trotzig. Frau Gruber reckte ihre Brust, die rotkarierte Bluse schien fast zu platzen. „Und Gänseblümchen“, verkündete sie heftig nach Luft schnappend, „sind ein wahrer Segen für die Haut und Knochen.“

Autor: galen

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