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Aktuelles vom 7. August 2008

Nachdem die deutsche Presse wieder einmal in den hoechsten Toenen gesunde Halbwahrheit verbreitet und mit viel Stimmungsmache ein sehr verzerrtes Bild ueber die Geschehnisse der letzten Tage wiedergibt, moechte ich euch eine Einschaetzung der Dinge von vor Ort geben.

Im Moment passieren verschiedene Dinge fast gleichzeitig, die man aber von ihren Ursachen und Wirkungen her detailierter betrachten muss, um sie zu verstehen. Gestern hat das Land in den den Grossstaedten ein von der groessten Gewerkschaft organisiertes ‚stay-away‘ gesehen. Viele grosse Unternehmen, haben im Vorfeld dieses Massenprotestes die Tore fuer einen Tag geschlossen, denn es macht keinen Sinn nur mit einer sehr stark reduzierte Belegschaft die Fabriken zu betreiben. Es war bitte nicht so, dass all die Arbeiter gestreikt haetten, was wirklich passierte war, die Sammeltaxis, die Busse und die Zuege sind nicht gefahren. Ohne Transport kann die Belegschaft nicht zur Arbeit kommen.

Da wir hier die Politik von „no-stay-no-pay“ haben, bedeutet das, dass die Arbeiter den Tag nicht bezahlt bekommen. Nun zur Frage warum die Proteste. Suedafrika leidet wie alle anderen Laender unter sehr hohen Preisen fuer Lebensmittel, Benzin und Strom. Als besonderes Problem kommen hier noch die sehr hohen Bauzinsen hinzu, die wirklich fast alle Menschen treffen, denn die Mehrheit muss fuer ihre Eigenheime noch an die Bank zahlen. Mit 15.5% Zinsen fuer Baugeld wuerden die Menschen in Deutschland vielleicht auch ueberlegen auf die Strasse zu gehen.

Am Montag und Dienstag dieser Woche hat die Saga um den Praesidenten des ANC – Jackob Zuma – ein weiteres Kapitel dieser unendlichen Geschichte gesehen. Er versucht die Anklagen des Staates wegen Bestechungsannahme, Betrug, Geldwaesche und Steuerhinterziehung mit allen Mittel zu verhindern. Es geht in seinem Fall um eine Bestechung durch den grossen franzoesischen Waffenproduzenten, der sich auf diese Weise einen interessanten Auftrag in der Modernisierung der Ausruestung der Armee in Suedafrika sichern wollte. Uebrigens ist auch die franzoesische Firma hier unter Anklage. Zuma versucht seit Jahren, unter Ausnutzung aller Moeglichkeiten im juristischen System den Prozess zu verhindern. Sei ehemaliger ‚Finanzberater‘, der fuer Zuma die Bestechungsbetraege verhandelt hatte, sitzt schon seit geraumer Zeit im Gefaengniss und wird wohl auch noch die naechsten Jahre dort zubringen.

Zuma, hoert dem Volk der Zulu an und hat bei dieser zahlenmaessig groessten Volksgruppe im Land grosse Unterstuetzung, denn sie wollen endlich auch einmal den Praesidenten des Landes stellen. Unterstuetzung erhaelt Zuma vom Fuehrer der groessten Gewerkschaft und dem Fuehrer der Jugendorganisation des ANC. Diese beiden sind bekannt fuer ihre grossen Worte, sie repraesentieren aber mit nichten die Meinung der Mehrheit der Bevoelkerung.

Zuma hat im letzten Jahr die Wahl zum Vorsitzenden der Regierungspartei geschafft und dies hat zu einer sehr interessanten Position gefuehrt, dass die Regierungspartei sich gegen die eigene Regierung stellt und sich eigentlich fast wie eine Opposition verhaelt. Wir sehen nun den Kampf zwischen dem gebildeten und welterfahrenen Staatsmann Mbeki und dem Held des einfachen Volkes Zuma, der auf seine mangelhafte Bildung stolz ist. Waehrend Mbeki seine Reden mit Anspielungen auf Literatur und einem hohen interlektuellen Niveau aufbaut, setzt Zumu auf starke und einfache Worte. Da viele Delegierte innerhalb des ANC aus den einfachen Verhaeltnissen des flachen Landes kommen, waren fuer sie die Worte eines Jackob Zuma verstaendlicher und er konnte auf diese Weise die Praesidentschaft erringen. Aber der ANC als Partei ist sich des Risikos bewusst, dass das Verfahren gegen Zuma ihren Fuehrer in der nahen Zukunft hinter Gittern sehen kann. Die Partei hat deshalb einen bisher relativ unbekannten, aber sehr faehigen Politiker als Stellvertreter gewaehlt, der bereit steht, im Falle eines Ausfalls von Zuma, als Kandidat fuer die naechste Wahl zum Praesidenten des Landes zur Verfuegung zu stehen. Mbeki muss im naechsten Jahr nach seinen zwei Runden als Staatspraesident zuruecktreten und es gibt keinen Zweifel, dass dies geschehen wird.

Wir sehen nun innerhalb des ANC das Heranwachsen einer juengeren Generation von Politikern, die sich gegen die alte Riege der Freiheitskaempfer auflehnen. Dies ist ein sehr natuerlicher Prozess, der nur zeigt, dass wir es hier mit einer lebendigen Partei und nicht mit verkrusteten Strukturen zu tun haben.

Als Folge des Richtungswechsel im ANC hat Suedafrika die Entlassung einer Reihe von Pemiers in den Provinzen des Landes gesehen, denn der ANC hat begriffen, dass unfaehige Leute entfernt werden muessen, um die naechsten Wahlen zu gewinnen. Es sieht alles danach aus, als wenn der ANC seine absolute Vormachtstellung in der naechsten Zukunft gefaehrdet sehen muss und das ist kein schlechter Ausblick, denn eine starke Opposition kann einem Land sehr gut tun.

Nach diesen fuer Menschen im fernen Deutschland sicher nicht ganz einfachen Ausfuehrungen, hoffe ich, dass ihr die Lage mit etwas anderen Augen seht.

Die Verknuepfung von den Aktionen des Streiks von gestern mit den Ausschreitungen gegen illegale Einwanderer ist uebrigens ohne jeden sinnvollen Hintergrund, denn diese beiden Ereignisse haben nicht miteinander zu tun.

An der Front gegen die Illegalen ist inzwischen Ruhe eingekehrt. Was vielleicht interessant anzumerken ist, war der Fakt, das unser Innenministerium den Illegalen, die sich in den Auffanglagern versammelt hatten eine provisorische ID [entspricht dem deutschen Personalausweis] angeboten hat. Dafuer haetten die Illegalen aber ihre Fingerabdruecke nehmen lassen muessen, dies wurde von einer Gruppe von einigen hundert verweigert. Man kann vermuten, dass deren Fingerabdruecke leicht zu Verbrechen unter Ermittlung durch die Polizei verbunden werden koennten. Als Reaktion hat daraufhin unsere Innenministerin diesen Illegalen gezeigt, dass wir keine Scherze machen und sie in Bussen in ihre Heimatlaender abgeschoben. Diese Aktion wurde von vielen Menschen in Suedafrika sehr begruesst.

Da ich aus vielen Zuschriften und persoenlichen Gespraechen weiss, dass viele Menschen in Deutschland an der Sichtweise von Innen interessiert sind, werde ich auch weiterhin in lockerer Folge ueber die Ergnisse berichten. Wie immer sind eure Kommentare und Stellungsnahmen sehr willkommen.

Autor: denis2010

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