Der Herero – Oberhäuptling
Im Sommer ( auf der südlichen Halbkugel Januar – Februar ) war ich auf der Experimental-Farm Osona bei Okahandja / Namibia bei der Zwiebelernte im Gelände. Diese Farm gehörte einen Herrn Rissen schon in der vierten Generation. Mit ihm hatte ich eine Cooperation für Pflanzentests gegründet, um neue Bewässerungsmethoden und modernere Anbaumethoden in Namibia zu testen. Zu mir in den Versuchsgarten kam eines Tages ein größerer Geländewagen gefahren. Der korpulente Herr, der ausstieg fragte mich auf Afrikans ob ich der Besitzer sei. Da ich verneinte und ihm auf Deutsch geantwortet hatte, habe ich Ihm erklärt, das ich aus Deutschland gekommen bin um Pflanzversuche durchzuführen. So unterhielten wir uns anschließend, auch er, weiterhin in Deutsch.
Er gab mir zu verstehen, dass er der Oberhäuptling der Herero sei und sich für meine Arbeit sehr interessiere. Ihm komme es aber nicht so sehr auf Gemüse an, sonder er brauche Viehfutter, dass mit möglichst wenig Wasser angebaut werden könne, weil sein Stamm Viehzüchter seien.
Darauf hin zeigte ich ihm unsere Versuchsreihen mit Luzerne und Welschem Weidelgrasgemisch. Gemisch deshalb, schaut man sich Pressballen von Luzerne in Namibia an ist der Blattanteil nur gering oder gar nicht vorhanden. Damit dieser größer wird, müssen die Stängel gequetscht werden, damit sie schneller trocknen. Und es muss noch ein anderes Gras, was genau so schnell wächst wie Luzerne bei der Saat unter gemischt werden. Wir haben Welsches Weidelgras dafür als Untersaatmischung ausgewählt. Wir konnten damit ca.50 Tonnen Grünmasse pro Hektar und 10 mal im Jahr ernten. Aber auch andere Versuche habe ihn gezeigt z.B. Beete mit Susu (Sudangras,) welches in 5 Wochen bei einfacher Bewässerung 1,5 m hoch wachsen kann. Er war sehr beeindruckt und wollte sich noch einmal melden.
Nach dieser Begegnung interessierte mich natürlich die Geschichte der Hereros sehr. Was sind das für Leute, wo kommen sie her und was haben sie in Namibia für Bedeutung? So versuchte ich vom Farmer, und aus einigen Büchern mehr zu erfahren.
Um etwa 1750 breiteten sich die Herero nach Süden aus, unterdrückten die dort lebenden Buschleute und Damara wobei sie auch in Konflikt mit den Nama gerieten, mit denen sie sich dann ein Jahrhundert lang bekriegten.
Die Ahnen genossen große Verehrung, hat man doch von ihnen die Herde geerbt. Man erbte auch das heilige Feuer von ihnen, das nie verlöschen durfte. Wenn man einen Wohnplatz aufgab, an dem man lange gelebt hatte, nahm man die Ahnen mit. Man grub ihre Schädel aus, trug sie in Körben zum neuen Wohnplatz und begrub sie hier aufs Neue. Die Wohnsiedlungen heißen bei den Herero übrigens „Werft“, während man sie bei den Ovambo als „Kraal“ bezeichnet.
Ihr Lebensraum wurde durch die deutsche und burische Besiedlung immer mehr eingeengt. Neben den Landverkäufen unter Major Leutwein gab es aber für Weiße noch eine andere Möglichkeit, Land zu erwerben. Sie kamen als Händler ins Land und verkauften so lange Waren auf Kredit, bis die unerfahrenen Eingeborenen stark verschuldet waren. Um diese Schulden zu tilgen, erschien vielen Häuptlingen die Abgabe von Land das beste Mittel zu sein. Besonders die Herero haben auf diese Weise viel gutes Weideland verloren.
So wuchs allmählich die Unzufriedenheit, und in den Jahren 1904 –1906 kam es zum großen Aufstand der Herero und Hottentotten. Die Schlacht am Waterberg mündete für die Herero in eine Katastrophe, die fast den Untergang des Volkes bedeutet hätte. Nur ein Viertel überlebte;
Zehntausende verdursteten bei der Flucht in der wasserlosen Omaheke.
Die Rinderherden, Mittelpunkt ihrer Kultur, wurden ihnen genommen. Damit kam es auch zum Zerfall ihres religiösen Lebens, nämlich des Rinderkults und die damit eng verknüpfte Ahnenverehrung. Ihr heiliges Feuer erlosch.
Erst das Jahr 1923 wurde zu einem Neubeginn, als der Leichnam des im Betschuanaland gestorbenen letzten Oberhäuptlings Samuel Maharero nach Okahandja überführt wurde. Das Ahnenfeuer, Sinnbild der Gegenwart der Vorfahren, wurde wieder entzündet. Seither wird jedes Jahr am Sonntag nach seinem Begräbnistag 23. August in Okahandja der Nationalfeiertag der Herero begangen.
In diesem Jahr (2009) fällt dieser Tag auch wieder auf einen Sonntag.
Heute leben die Herero über den ganzen mittleren Landesteil Namibias verstreut, besonders in Windhoek.
Ihre traditionellen Zentren sind: Okahandja für die Maharero-Leute (rote Nationalfahne), Omaruru für die Zeraua-Leute (schwarz-weiße Fahne) und Gobabis für die Mbanderu (grüne Fahne).
Die Herero identifizieren sich stark mit Namibia. Gelegentlich sieht man die Kartenumrisse des Landes als Muster auf den farbenprächtigen Stoffen der Hererofrauen. Ihre Tracht ist der Kleidung der deutschen Missionarsfrauen der Jahrhundertwende nachempfunden und besteht
aus einer hochgeschlossenen, langärmeligen Bluse, einen Glockenrock und zahlreichen (acht bis zehn!) Unterröcken. Die Frauen schneidern weitgehend selbst und haben meist eine eigene Nähmaschine. Für eines dieser Gewänder benötigen sie ca. 10 m Stoff und mehr.
Vielfach tragen auch Damarafrauen solche Kleider, jedoch erkennt man die Hererofrau an ihre Haube: Ein Kopftuch ist kunstvoll so drapiert, dass seitlich zwei Ecken weit herausragen, eine Andeutung von Rinderhörnern, die ähnlich in dem ursprünglichen Lederkopfputz vorhanden war.
Häuptling aller Herero ist seit 1992, Frederick Ndjezehuhua Tjamuaha aus der Dynastie Tjamuaha/Maharero. Dieser war damals auf die Farm Osona (auch ein Hereroname) gekommen, um mit mir zu sprechen. Ich traf ihn dann wieder bei einem dieser Hererotage in Okahandja und hatte mit ihm eine längere Aussprache um ihnen in dem zugewiesenen trockenen Hereroland zu helfen. Er war verärgert über den deutschen Botschafter Dr.Hoffmann, der an einem Festtag in Okahandja versprochen hatte, den Herero wegen den großen Verlusten bei dem Aufstand und Niederschlagung zu Entschädigen. Doch die Entwicklungshilfe, die Deutschland leistet geht vorwiegend ins Ovamboland.
Die Ovambo, mit ca. 50 % der Bevölkerung stellen die Regierung und waren durch Südafrika benachteiligt. Doch die Herero und alle anderen Volksgruppen gingen bisher leer aus. Er war der Meinung, dass Deutschland den Opfern der Judenverfolgung geholfen haben und noch hilft. So sollte auch den Herero’s getrennt geholfen werden.
Dabei hätte ich mit meinen Bewässerungstechnik sehr leicht helfen können. Leider bekam ich keinerlei staatliche Hilfe, selbst meine Versuche auf Osona musste ich aus eigener Tasche bezahlen.
Durch meine Zusammenarbeit mit der UNTP in Windhoek, hatte ich bei Verbesserungsvorschlägen für acht Gartenanlagen im Ovamboland unbewusst eine Unterschlagung von mehreren Millionen Namibian Dollar aufgedeckt. Der Planungsdirektor der betroffene Planungsabteilung im Landwirtschaftsministerium hat mich daraufhin in Zusammenarbeit mit dem Innenministerium des Landes verwiesen. So konnte ich natürlich den Hereros nicht helfen, was ich bis heute sehr bedauere.
Helmut - Regenmacher
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