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RAF: 2. Generation und Deutscher Herbst

Wichtige Köpfe der zweiten Generation:

Siegfried Haag: Der Strafverteidiger von Andreas Baader fungierte während dessen Haft zunächst als Kurier zwischen den Gefangenen, rekrutierte aber später viele Mitglieder der zweiten Generation, die deshalb auch als Haag/Mayer-Bande (Bezug nehmend auf Roland Mayer, der ebenfalls eine Führungsrolle einnahm) bekannt war. Haag gilt als der Kopf, der die meisten Aktionen der zweiten Generation plante. So rekrutierte er die Angreifer auf die deutsche Botschaft in Stockholm und organisierte den Anschlag. Bei Haags und Mayers Verhaftung fand man im Auto, das die beiden bei der Verhaftung fuhren, zahlreiche Dokumente, die nach ihrer Entschlüsselung belegten, dass Haag auch an der Planung der Aktionen gegen Buback, Schleyer und Ponto maßgeblich beteiligt war. Diese konnten dennoch auch nach Haags Verhaftung erfolgreich durchgeführt werden, weil die Dokumente erst nach der Ausführung der Pläne durch die in Freiheit befindlichen RAF-Mitglieder entschlüsselt werden konnten.

Brigitte Mohnhaupt: Mohnhaupt hatte zwar schon der ersten Generation angehört, erlangte aber erst als Führungsspitze der zweiten Generation wirkliche Bedeutung. Während ihrer gemeinsamen Haft mit der Führungsriege der ersten Generation in Stammheim wurde sie gezielt auf die Nachfolge Siegfried Haags vorbereitet, damit sie nach ihrer Entlassung die Führung der RAF übernehmen konnte. Mohnhaupt und Klar waren es etwa, die Ponto in seinem Haus erschossen. Ferner gab Mohnhaupt den endgültigen Befehl zur Ermordung Schleyers mit der Nachricht: „Ware ist verdorben.“

Christian Klar: Klar kam nach einer Demonstration gegen die Haftbedingungen der gefangenen RAF-Mitglieder der ersten Generation in Kontakt mit der RAF selbst und wurde 1976 Mitglied. Zunächst schmuggelte er mit Haag und Mayer Waffen, etablierte sich aber später mit Mohnhaupt als Doppelspitze der zweiten Generation. Klar gilt gemeinhin als „Macher“, der immer nur die nächste Aktion vor Augen hatte, ohne sich viele Gedanken um den ursprünglichen, ideologischen Kern zu machen. Anders als andere Köpfe der zweiten Generation war Klar an vielen Aktionen selbst direkt beteiligt.

Peter-Jürgen Boock: Boock ist nicht zuletzt aufgrund seiner eigenen oft widersprüchlichen Aussagen von den führenden RAF-Mitgliedern der zweiten Generation am schwierigsten zu verstehen. Aufgrund seiner Verehrung für Baader floh Boock als Jugendlicher aus einem Heim und schloss sich der RAF an. Nach seiner Verhaftung behauptete er lange Zeit, eine eher unbedeutende Rolle gespielt zu haben, und revidierte dies erst, als nach der Wende neue belastende Aussagen aufkamen.

Ziele und Methoden der zweiten Generation

Die politische Ideologie war für die zweite Generation der RAF eher Nebensache geworden, denn im Fokus stand nun die Befreiung bzw. Freipressung der einstigen Führungsriege, also Baader, Meinhof, Ensslin und Raspe, und anderer inhaftierter Mitglieder. So änderten sich die Aktionen von Sprengstoffanschlägen auf Militär- und Polizeieinrichtungen vermehrt auf Geiselnahmen. Die zweite Generation setzte also auf Druckmittel und verlor so ihre Sympathien in der politisch links eingestellten Bevölkerung. Manche der Aktionen wurden aufgrund der zivilen Opfer auch von der alten Führungsriege selbst abgelehnt. Allerdings dürfte ein Teil der Zuversicht der zweiten Generation, mit ihrem Vorgehen Erfolg haben zu können, damit zusammenhängen, dass es einmal sogar Erfolg gehabt hatte, denn durch die Entführung des CDU-Politikers und Berliner Spitzenkandidaten bei der Wahl des Abgeordnetenhauses Peter Lorenz konnte die RAF im Frühjahr 1975 die Freilassung von Verena Becker, Gabriele Kröcher-Tiedemann, Ingrid Siepmann, Rolf Heißler und Rolf Pohle und deren Ausreise in den Jemen durchsetzen.

Offensive 77 und Deutscher Herbst

Die erste größere Aktion der RAF nach der erfolgreichen Freipressung von fünf ihrer Anhänger war die Geiselnahme von Stockholm am 24. April 1975, in deren Zuge ein nach dem in der Haft verstorbenen Holger Meins benanntes RAF-Kommando in die deutsche Botschaft in Stockholm eindrang und Geiseln nahm. Sie stellten die Forderung, 26 inhaftierte RAF-Mitglieder, darunter Baader, Ensslin, Meinhof und Raspe, freizulassen. Nach der Ermordung des Wirtschaftsattachés Heinz Hillegaart und des Militärattachés Andreas von Mirbach endete die Geiselnahme wegen einer ungewollten Explosion eines Sprengkörpers der RAF mit dem Tod von zwei RAF-Mitgliedern.

Am 21. Mai begann in Stammheim der Prozess gegen die Führungsriege der ersten Generation. Knapp ein Jahr nach Prozessbeginn wurde Ulrike Meinhof erhängt in ihrer Zelle aufgefunden, was die zweite Generation zu einem härteren Vorgehen anstachelte, weil sie auch den Tod der anderen drei Inhaftierten befürchtete. Haag und Mayer planten die Offensive 77, vor deren Ausführung die beiden jedoch verhaftet wurden. Vier Monate später übernahm die gerade entlassene Brigitte Mohnhaupt die Führung der RAF.

Siegfried Buback

Am 7. April begann die Offensive 77 mit dem Anschlag auf Generalbundesanwalt Siegfried Buback, der im Auto zusammen mit Fahrer Wolfgang Göbel und Fahrdienstbereitschaftsleiter Georg Wurster erschossen wurde. Drei Wochen später wurden Baader, Ensslin und Raspe zu lebenslangen Freiheitsstrafen verurteilt.

Über sein Patenkind Julia Albrecht verschaffte sich ihre ältere Schwester Susanne Zugang zum Vorstandssprecher der Dresdener Bank, Jürgen Ponto. Obwohl dem Staatsschutz Susanne Albrechts RAF-Zugehörigkeit bekannt war, erfolgte keine Warnung an Ponto. Als Freundin der Familie konnte Albrecht sich in Begleitung Klars und Mohnhaupts ungehindert Zugang zu Pontos Wohnung verschaffen, der Albrechst Begleiter bei ihrem Besuch am 30. Juli 1977 nicht erkannte. Als Klar Ponto im Esszimmer jedoch unter vorgehaltener Waffe erklärte, er würde nun entführt, setze Ponto sich widererwarten zur Wehr und so feuerten Klar und auch Mohnhaupt mehrere Schüsse auf Ponto ab, ehe sie zu Boock in den draußen wartenden Fluchtwagen eilten. Ponto erlag zwei Stunden später seinen Verletzungen. Erst nach mehreren Tagen folgte ein von Albrecht unterzeichnetes Bekennerschreiben, in dem es hieß, man habe nicht mit diesem Verhalten Pontos gerechnet.

Hanns Martin Schleyer

Der Anschlag auf die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe am 25. August 1977 scheiterte, weil der Zünder des von Boock konstruierten Raketenwerfers versagte. Boock behauptete später, den Anschlag bewusst sabotiert zu haben.
Mit der Entführung von Hanns Martin Schleyer, Präsidenten der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) und des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), begann am 5. September 1977 der Deutsche Herbst. Der Fahrer und die von der Polizei abgestellten Leibwächter Schleyers wurden bei der Gefangennahme durch die RAF erschossen. Die RAF forderte die Freilassung mehrerer inhaftierter Mitglieder: Andreas Baader, Gudrun Ensslin, Jan-Carl Raspe, Karl-Heinz Dellwo, Verena Becker, Werner Hoppe, Hanna Krabbe, Irmgard Möller, Bernhard Rössner, Ingrid Schubert und Günter Sonnenberg. Die Ereignisse führten zum Erlass des Kontaktsperregesetzes, was umgehend auf 72 Gefangene angewendet wurde.

Am 13. Oktober entführten vier palästinensische Terroristen die Lufthansamaschine Landshut und forderten ebenfalls die Freilassung derselben RAF-Mitglieder, deren Freilassung die Schleyer-Entführer gefordert hatten, und darüber hinaus die Freilassung von zwei ihrer eigenen Gesinnungsgenossen aus türkischer Haft sowie 15 Millionen US-Dollar. Nach vier Tagen, während derer die Maschine in Dubai und Aden zwischengelandet war, landete sich in Mogadischu, wo ein Sondereinsatzkommando der GSG 9 am 18. September kurz nach Mitternacht die Geiseln befreite und drei der vier Geiselnehmer tötete.

In Stammheim nahmen sich Baader, Ensslin und Raspe das Leben, woraufhin Mohnhaupt die Tötung Schleyers anordnete. Mit der Todesnacht von Stammheim und der Ermordung Schleyers endete der Deutsche Herbst.

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